Glaskörper- und Retinablutungen unter Insulin glargin

Zu den Aufgaben der AkdÄ gehören die Erfassung, Dokumentation und Bewertung

von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW).

Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig über aktuelle Themen aus der Arbeit ihres

UAW-Ausschusses informieren und hofft, Ihnen damit wertvolle Hinweise für den

Praxisalltag geben zu können.

Insulin glargin (INN) ist ein gentechnisch aus Escherichia-coli-Zellkulturen

gewonnenes Insulin-Analogon mit langer Wirkdauer. Unter dem Handelsnamen Lantus®

steht es Patienten seit Juni 2000 zur Behandlung des Typ-1- und

Typ-2-Diabetes-mellitus zur Verfügung. Patienten mit Typ-2-Diabetes-mellitus

kann Insulin glargin auch zusammen mit oralen Antidiabetika gegeben werden.

Im deutschen Spontanerfassungssystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ,

Stand: 27.2.2002) sind 49 Verdachtsfälle unerwünschter

Arzneimittelwirkungen nach Insulin glargin erfasst. Dabei wurde in sechs

Berichten eine Retina- oder Glaskörperblutung mit der Applikation von Insulin

glargin in Verbindung gebracht, bei drei dieser Beobachtungen wurde eine

Monotherapie mit Lantus® angegeben.

Bei diabetischer Retinopathie können Blutungen durch eine Insulin-induzierte

Hypoglykämie ausgelöst werden. Eine Verschlechterung der diabetischen

Retinopathie, die mit retinalen und gegebenenfalls mit Glaskörpereinblutungen

einhergeht, kann jedoch auch durch eine immunogenetische Komponente von Insulin

bedingt sein (1). Schließlich ist

bekannt, dass bei zuvor chronisch schlecht eingestelltem Diabetes durch eine

schnelle Senkung des Blutzuckers in den normnahen Bereich eine initiale

Verschlechterung einer Retinopathie eintreten kann. Langfristig ist aber neben

der Diabetesdauer die schlechte Stoffwechseleinstellung (HbA1c >7 Prozent)

der wichtigste Risikofaktor für die Erblindung infolge diabetischer

Retinopathie.

Auch Insulin glargin kann bei schneller Verbesserung des Blutzuckerspiegels

zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Retinopathie führen. Tritt eine

schwere Hypoglykämie auf, so droht besonders eine Verschlechterung der nicht

laserbehandelten proliferativen Retinopathie (2).

Es fiel dem UAW-Ausschuss der AkdÄ auf, dass zu allen anderen Insulinpräparaten

seit 1990 unter 600 Berichten insgesamt nur ein Fall einer Augenblutung und ein

Fall einer Netzhautstörung (nicht spezifiziert) eingingen. Dies reflektiert

vermutlich, dass Blutungen als natürliche und nicht als therapiebedingte

Komplikation einer (diabetischen) Retinopathie angesehen werden. Die Bedeutung

der relativ häufigeren Nennung okulärer Blutungen nach Insulin glargin ist

wegen der fehlenden Langzeiterfahrung derzeit noch unklar. Jedoch sind offenbar

aus anderen Ländern entsprechende Besorgnisse geäußert worden, denn auf

Veranlassung der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) soll eine

klinische Phase-4-Studie bei Typ-2-Diabetikern bis zum Jahr 2004 klären,

ob bei einer Therapie mit Lantus® eine stärkere Progression der diabetischen

Retinopathie im Vergleich zu NPH-Insulin-behandelten Patienten zu beobachten ist (3).

Zur besseren Einschätzung des Risikos einer eventuellen Progression von

diabetischen Retinopathien unter Insulin glargin tragen auch Berichte aus der

Spontanerfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen bei. Bitte teilen Sie

daher der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) nach

Behandlung mit Insulin glargin, aber auch den übrigen Insulin-Analoga mit. Sie

können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der

vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus

der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur

1. Gold und Marshall, Diabetes Care 19 (9):

1001-1003 (1996)

2. Fachinformation Lantus®, Stand

Juni 2000

3.www.fda.gov/cder/foi/appletter/2000/21081ltr.pdf