Herzklappenfibrosen unter Pergolid und Cabergolin (UAW-News - International)

Der Dopamin-D2-Rezeptoragonist Cabergolin (z. B. Cabaseril®) war in Deutschland bislang zur Therapie des Morbus Parkinson sowohl als Monotherapie in der Frühphase als auch zur Kombinationsbehandlung mit Levodopa und Dopa-Decarboxylasehemmern in späteren Stadien der Erkrankung zugelassen. In niedrigeren Dosierungen ist die Substanz indiziert zum primären Abstillen und zur Behandlung hyperprolaktinämischer Störungen. Der ältere Dopaminagonist Pergolid (z. B. Parkotil®) ist als Therapie der zweiten Wahl des Morbus Parkinson zugelassen bei Unverträglichkeit oder Unwirksamkeit von Nichtergotaminverbindungen und als Zusatztherapie zu Levodopa. Cabergolin wurde 2005 mit 8,9 Mio. DDD verordnet, entsprechend einer geringfügigen Zunahme von 1,1 % gegenüber dem Vorjahr. Die Verordnungszahlen von Pergolid waren 2005 mit 0,8 Mio. DDD gegenüber dem Vorjahr deutlich rückläufig (minus 43,9 %) (1).

Bereits seit Jahren besteht der Verdacht, dass Pergolid zu fibrotischen Herzklappenveränderungen führen kann. Im Jahr 2004 wurden daraufhin die Anwendungsgebiete eingeschränkt und regelmäßige Echokardiografien vor und während der Behandlung vorgeschrieben. Seit 2004 gibt es auch für Cabergolin Hinweise aus Fallberichten und einer kleineren Fall-Kontroll-Studie auf ein erhöhtes Risiko für Herzklappenveränderungen (2–4). Im Januar dieses Jahres wurden im New England Journal of Medicine zwei Studien publiziert, die eine erhöhte Inzidenz von Herzklappenveränderungen unter Therapie sowohl mit Pergolid als auch mit Cabergolin belegen konnten. Eine bevölkerungsbasierte Kohorte zeigte in einer Fall-Kontroll-Analyse eine jährliche Inzidenz für neu diagnostizierte Herzklappeninsuffizienzen von 30 pro 10.000 Patienten nach Einnahme von Pergolid und von 33 nach Cabergolin gegenüber 5,5 ohne Behandlung mit einem Dopaminagonist (5). Eine echokardiografische Prävalenzstudie von Zanettini et al. zeigte klinisch relevante Herzklappeninsuffizienzen signifikant häufiger bei Patienten, die Pergolid (23,4 %) oder Cabergolin (28,6 %) eingenommen hatten, als bei der Kontrollgruppe (6,5 %) (6). Das Risiko war insbesondere erhöht bei Dosierungen von mehr als 3 mg/Tag und einer Therapiedauer länger als sechs Monate.

Die Nebenwirkungen von Pergolid und Ergotamin an den Herzklappen ähneln der Endokardfibrose beim Karzinoid-Syndrom und werden erklärt über die Aktivierung des 5-Hydroxytryptamin2B-Rezeptors durch die beiden Substanzen (7). Ähnliche Wirkungen sind bekannt von den Migränemitteln Ergotamin und Methysergid sowie den Appetitzüglern Fenfluramin und Dexfenfluramin, die deshalb 1997 vom Markt genommen wurden.

Nach einer Veröffentlichung der FDA vom 29. März 2007 haben die Hersteller von Pergolid-Präparaten in den USA eine Marktrücknahme mitgeteilt (8). Cabergolin ist davon in den USA nicht betroffen, da es dort nur in der niedrigen Dosierung zur Behandlung der Hyperprolaktinämie zugelassen ist.

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: April 2007) sind 143 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen nach Gabe von Pergolid und 173 Verdachtsfälle nach Cabergolin erfasst. Unter den Meldungen zu Pergolid finden sich fünfmal eine Aorteninsuffizienz, siebenmal eine Mitralklappeninsuffizienz und zweimal eine Trikuspidalklappeninsuffizienz. Im Zusammenhang mit Cabergolin wurde 29-mal eine Aorteninsuffizienz, 20-mal eine Mitralklappeninsuffizienz und siebenmal eine Trikuspidalklappeninsuffizienz gemeldet.

Da anhand der jetzt vorliegenden Daten von einem erhöhten Risiko für fibrotische Herzklappenveränderungen auch durch Cabergolin ausgegangen werden muss, wurden kürzlich die Anwendungsgebiete eingeschränkt. Wie Pergolid ist auch Cabergolin jetzt als Therapie der zweiten Wahl angezeigt bei Morbus Parkinson und regelmäßige Echokardiografien sind vor und während der Therapie vorgeschrieben. Die genauen Angaben lassen sich der aktualisierten Fachinformation entnehmen. Patienten sollten über die spezifischen Risiken der Therapie mit diesem Arzneimittel aufgeklärt werden.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur
1. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2006. Heidelberg: Springer Medizin Verlag, 2007.


2. Horvath J, Fross RD, Kleiner-Fisman G et al.: Severe multivalvular heart disease: a new complication of the ergot derivative dopamine agonists. Mov Disord 2004; 19: 656–62.


3. Peralta C, Wolf E, Alber H et al.: Valvular heart disease in Parkinson's disease vs. controls: An echocardiographic study. Mov Disord 2006; 21: 1109–13.


4. Pinero A, Marcos-Alberca P, Fortes J: Cabergoline-related severe restrictive mitral regurgitation. N Engl J Med 2005; 353: 1976–7.


5. Schade R, Andersohn F, Suissa S et al.: Dopamine agonists and the risk of cardiac-valve regurgitation. N Engl J Med 2007; 356: 29–38.


6. Zanettini R, Antonini A, Gatto G et al.: Valvular heart disease and the use of dopamine agonists for Parkinson's disease. N Engl J Med 2007; 356: 39–46.


7. Jahnichen S, Horowski R, Pertz HH: Agonism at 5-HT2B receptors is not a class effect of the ergolines. Eur J Pharmacol 2005; 513: 225–8.


8. FDA: Public Health Advisory: Pergolide: www.fda.gov/cder/drug/advisory/pergolide.htm. 29. März 2007, Internetquelle zuletzt geprüft: 12. April 2007.