Vor 20 Jahren

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 2/2023

Was uns sonst noch auffiel

Was uns vor genau 20 Jahren bewegte? Das finden Sie im AVP-Archiv heraus:
https://www.akdae.de/arzneimitteltherapie/avp/ausgaben.

Hier eine kleine Auswahl aus der Aprilausgabe des Jahres 2003:

Das Editorial

In der zweiten AVP-Ausgabe des Jahres 2003 widmete Prof. Höffler sein Editorial der Phytotherapie: “Der Glaube, mit Pflanzen heilen zu können, dem teilweise auch alte Erfahrungen von Ärzten und Laien zugrunde liegen, sitzt tief. […] Die Vorstellung, pflanzliche Medikamente seien „harmlos“, ist fest verankert und lässt außer Acht, dass es in der Natur hochgiftige Substanzen gibt. […] Wer pflanzliche Medikamente verordnet, muss wissen,

– dass die Zusammensetzung des von ihm verordneten Medikamentes keineswegs immer die gleiche sein muss. Nur ein Teil der pflanzlichen Medikamente ist bezüglich des Wirkstoffgehaltes standardisiert.

– dass er außer dem gewünschten Wirkstoff noch eine größere Zahl anderer, weitgehend unbekannter Stoffe dem Patienten zuführt. Deren Wirkungen und Nebenwirkungen sind nicht oder wenig bekannt.

– dass nur bei wenigen pflanzlichen Medikamenten ein Wirksamkeitsnachweis vorliegt, der einer kritischen Prüfung standhält.“

20 Jahre später gilt all dies weiterhin: Pflanzliche Arzneimittel sind in Deutschland immer noch sehr beliebt. Sie generieren hohe Umsätze für die Hersteller und Apotheken (1), können aber durchaus schwerwiegende Risiken bergen. Man denke nur an den sog. „Iberogast-Skandal“ (2). Aber Vorsicht bei vermeintlichen Wundermitteln: Immer noch fehlen aussagekräftige Studien zum Nachweis der Wirksamkeit und es kann durchaus zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen.

Arzneimittel – kritisch betrachtet

„Mit Ezetimib ist Ende 2002 ein Cholesterinsenker mit einem neuen Wirkprinzip zur Behandlung der Hypercholesterinämie zugelassen worden. Die Breite der zugelassenen Indikationen ist erstaunlich (homo- und heterozygote familiäre sowie nicht-familiäre Hypercholesterinämien in Kombination mit Statinen, aber auch als Monotherapie; Sitosterinämie), denn es liegen keinerlei Studien mit relevanten Endpunkten vor, die eine Gleichwertigkeit zu der etablierten Statintherapie belegen.“  Ja, genau. Auch heute, 20 Jahre später fehlt weiterhin der Nachweis, dass Ezetimib, das mittlerweile generisch für wenige Centbeträge pro Tag verfügbar ist, harte, patientenrelevante Endpunkte wie kardiovaskuläre Mortalität positiv beeinflusst. Trotzdem steigen die Verordnungszahlen von Ezetimib ununterbrochen seit Jahren (3).

Literatur

  1. Brand, M: Pharmabranche mit Verdauungsproblem: https://de.statista.com/infografik/18764/geschaetzter-umsatz-mit-rezeptfreien-verdauungsmitteln-in-deutschland/ (letzter Zugriff: 6. Juni 2023). 23. Juli 2019.
  2. Staatsanwalt ermittelt gegen Ex-Bayer-Mitarbeiter: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/09/18/staatsanwalt-ermittelt-gegen-ex-bayer-mitarbeiter(letzter Zugriff: 6. Juni 2023). DAZ online vom 18. September 2020.
  3. Schirmer B, Schuler J: Lipidstoffwechselstörungen. In: Ludwig W-D, Mühlbauer B, Seifert R (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2022. Berlin: Springer-Verlag, 2022; 287-302.