Blutung unter Rivaroxaban und NSAID

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 3/2022

Nebenwirkungen aktuell

Der Fall

Ein 86-jähriger, adipöser Patient nahm seit Jahren einmal täglich 20 mg Rivaroxaban (Xarelto®) aufgrund von Vorhofflimmern ein. Weitere Erkrankungen waren u. a. arterielle Hypertonie, KHK, Herzinsuffizienz, Osteoporose, Polyarthrose, degeneratives LWS-Syndrom, Osteochondrosis und Skoliose. Neben Rivaroxaban nahm der Patient auch Candesartan und Atorvastatin ein sowie zur Analgesie Metamizol (500 mg, bei Bedarf), Oxycodon/Naloxon (20/10 mg/d) und Celecoxib (200 mg/d). Es ist unbekannt, seit wann der Patient die analgetische Medikation einnahm, und ob er Celecoxib regelmäßig oder nur bei Bedarf anwendete. Der Patient wurde bewusstlos aufgefunden und eine ausgedehnte Stammganglienblutung mit Ventrikeleinbruch, beginnendem Liquorstau und Hirnödem diagnostiziert.

Bewertung

Das orale Antikoagulans Rivaroxaban hemmt direkt den Faktor Xa und unterbricht dadurch die Blutgerinnungskaskade. Zerebrale und intrakranielle Blutungen sind als gelegentliche Nebenwirkung beschrieben (1). Celecoxib ist ein nichtsteroidales Antiphlogistikum (NSAID). Es hemmt in therapeutischer Dosierung selektiv die Cyclooxygenase (COX) 2, welche an der Entstehung von Schmerzen, Entzündungen und Fieber beteiligt ist, ohne signifikante COX-1-Hemmung (2). Hämorrhagische Komplikationen sind als Nebenwirkungen beschrieben, z. B. intrakranielle Blutung (sehr selten) (2). Bei der gleichzeitigen Anwendung von Rivaroxaban und Celecoxib sind additive Effekte mit erhöhtem Blutungsrisiko möglich (1;2). Laut Fachinformation von Rivaroxaban ist daher Vorsicht geboten bei Patienten, die gleichzeitig mit auf die Gerinnung wirkenden Arzneimitteln wie NSAID, Acetylsalicylsäure (ASS) und Thrombozytenaggregationshemmern oder selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SNRI) behandelt werden (1).

Bei Patienten, die Celecoxib und einen Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon einnehmen, sollte laut Fachinformation die Thromboplastinzeit (INR) engmaschig kontrolliert werden, vor allem in den ersten Tagen nach Behandlungsbeginn oder nach einer Änderung der Celecoxib-Dosis (2). Bei Anwendung von Rivaroxaban kann die INR fälschlicherweise erhöht sein und sollte deswegen zur Bestimmung der antikoagulatorischen Wirkung von Rivaroxaban nicht verwendet werden (1).

Fazit

Bei gleichzeitiger Behandlung mit Faktor-Xa-Inhibitoren sollten statt NSAID möglichst individuell geeignete, alternative Analgetika (z. B. Paracetamol, lokale Antiphlogistika, Metamizol, schwache Opioidanalgetika) bevorzugt werden. Patienten, die mit Rivaroxaban oder anderen oralen Antikoagulanzien behandelt werden, sollten sorgfältig auf Blutungszeichen wie Hämatome, Teerstuhl oder Nasenbluten überwacht werden (1). Dies gilt umso mehr bei gleichzeitiger Behandlung mit NSAID und anderen Arzneimitteln, die eine Blutungsneigung fördern. Wenn bei älteren Patienten eine orale Antikoagulation mit einem direkten oralen Antikoagulans erwünscht ist, kann die Anwendung von Apixaban (Eliquis®) geprüft werden, gegebenenfalls in reduzierter Dosis (3).

Literatur

  1. Bayer AG: Fachinformation „Xarelto® 20 mg Filmtabletten“. Stand: Juni 2022.
  2. Viatris Pharma GmbH: Fachinformation Celebrex® 100 mg/200 mg Hartkapseln“. Stand: Mai 2022.
  3. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Leitfaden: Orale Antikoagulation bei nicht valvulärem Vorhofflimmern: Empfehlungen zum Einsatz der neuen Antikoagulanzien  Dabigatran (Pradaxa®) Apixaban (Eliquis®), Edoxaban (Lixiana®) und Rivaroxaban (Xarelto®): https://www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimitteltherapie/LF/PDF/OAKVHF.pdf. 3., überarbeitete Auflage. Berlin: AkdÄ, 2019.