Vorläufige Bewertung der epidemiologischen Befunde bei inkretinbasierten Arzneimitteln (DPP-4-Inhibitoren, GLP-1-Rezeptor-Agonisten)

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 3/2019

Autorin

In einer Ende 2018 erschienenen Veröffentlichung (1) wurde aus einer Kohortenstudie abgeleitet, dass Cholangiokarzinome (Neoplasien der Gallengänge) mit der Einnahme von inkretinbasierten Arzneimitteln assoziiert seien. Inkretinbasierte Arzneimittel können als Zweit- oder Drittlinienbehandlung bei Diabetes mellitus Typ 2 eine Therapieoption sein.

In der genannten Kohortenstudie wurden 12.416 Patienten unter DPP-4-Inhibitoren und 2865 unter GLP-1-Agonisten über eine mediane Beobachtungszeit von 1,9 Jahre (maximal 10,1 Jahre) beobachtet. Bei Patienten, die mit DPP-4-Inhibitoren behandelt wurden, ergab sich zwar ein um 77 % erhöhtes Risiko für die Diagnose Cholangiokarzinom (adjustierte Hazard Ratio: 1,77; 95 % Konfidenzintervall [95 % CI] [1,04–3,01]), die untere Grenze des Konfidenzintervalls liegt jedoch nur wenig über 1. Patienten unter Behandlung mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten hatten eine adjustierte Hazard Ratio von 1,97, mit einem weiten 95 % Konfidenzintervall, dessen untere Grenze unter 1 lag (0,83–4,66).

Diese Befunde wurden in den für die Bewertung von Nebenwirkungen verantwortlichen Gremien der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft aktuell diskutiert.

Wie kann aus derzeitiger Sicht das Risiko beurteilt werden?

Auf Grundlage des aktuellen Standes der Erkenntnisse ist die Beurteilung eines kausalen Zusammenhangs wegen der weiten Konfidenzintervalle (bei DPP-4-Inhibitoren knapp über 1 bei, GLP-1-Rezeptor-Agonisten sogar unter 1) sehr unsicher; wegen der geringen mittleren Beobachtungszeit von 1,9 Jahren ist die Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht sehr wahrscheinlich; er kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Eine mögliche biologische Erklärung für das Auftreten von Cholangiokarzinomen wird in einer die Proliferation anregenden Wirkung der inkretinbasierten Arzneimittel gesehen. Eine das Erbgut schädigende Wirkung kann ausgeschlossen werden. Zusammenfassend ist die Risikoerhöhung für den einzelnen Patienten als gering einzustufen.

Weitere Studien sind erforderlich, um den möglichen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von inkretinbasierten Arzneimitteln und dem Auftreten von Cholangiokarzinomen zu untersuchen und zu bewerten.

 

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird von der Autorin verneint.

Literatur
  1. Abrahami D, Douros A, Yin H et al.: Incretinbased drugs and risk of cholangiocarcinoma among patients with type 2 diabetes: population based cohort study. BMJ 2018; 363: k4880.

vorab online

Dieser Artikel wurde am 29. April 2019 vorab online veröffentlicht.