Mutismus nach Propofol (Disoprivan® u. a.) (Aus der UAW-Datenbank)


Die AkdÄ möchte Sie im Folgenden über Publikationen und Meldungen aus dem internationalen Raum informieren und hofft, Ihnen damit nützliche Hinweise auch für den Praxisalltag geben zu können. 

Die Anwendung von Propofol als Kurznarkotikum z. B. bei endoskopischen Eingriffen hat in den vergangenen zwei Jahren stark zugenommen. Damit werden auch Risiken dieses Anästhetikums deutlicher sichtbar. Die AkdÄ hatte Anlass, sich im UAW-Ausschuss mit Todesfällen unter Propofol auseinander zu setzen. Es wird nun aus einem Krankenhaus in der Türkei über eine 56-jährige Frau berichtet (1), die wegen einer Schenkelhalsfraktur operiert werden musste. Sie erhielt Propofol 10 mg/kg für die ersten 10 min, 8 mg/kg für die zweiten 10 min und 4 mg/kg für die Dauer der Operation. Zusätzlich wurden für die Narkose Fentanyl, Vecuronium, Neostigmin und Atropin gegeben. Während der Operation traten keine Besonderheiten auf, d. h., Blutdruck, Blutgase usw. waren normal. 

Im Aufwachraum zeigte sich dann, dass die Patientin auf Kommando zwar die Augen öffnen und nicken, aber nicht sprechen konnte. Alle gängigen Untersuchungen (Elektrolytwerte, Blutgase usw.) waren normal. Der neurologische Status war bis auf einen nicht eindeutig positiven Babinskireflex links unauffällig. Im Schädel-CT ergaben sich Hinweise für ein minimales Hirnödem, das am fünften Tag nicht mehr nachweisbar war. Der Mutismus bestand etwa für fünf Tage postoperativ, etwa vom elften Tag an konnte die Patientin wieder sprechen. Sie erholte sich vollständig. Sie

konnte ohne erkennbare neurologische Folgen am 18. Tag entlassen werden. 

In dem gemeinsam vom BfArM und der AkdÄ geführten Spontan-Erfassungssystem liegen 458 Meldungen über 23 Präparate von Propofol vor. Nur in einem Fall wird eine katatone Reaktion beschrieben. Insgesamt liegen in der Datenbank 63 Meldungen zu katatone Reaktionen vor. Diese beziehen sich vor allem auf Clozapin und Haloperidol, wobei zumindest im Hinblick auf Clozapin in Rechnung zu stellen ist, dass möglicherweise einige der meldenden Ärzte den spontanen Verlauf der zugrunde liegenden Erkrankung mit einer UAW verwechselt haben. Katatone neuroleptische Syndrome sind unter Halodol bekannt, unter Clozapin aber äußerst

unwahrscheinlich. 

Insgesamt handelt es sich um eine UAW, die außerhalb der Psychiatrie selten beobachtet wird. Der hier berichtete Mutismus unter Propofol war aber für Patientin und behandelnde Ärzte spektakulär. Erfreulicherweise ist er wohl selten und reversibel. 

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen unter der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen. 

Literatur

1. Kati I, Demirel CB, Anlar O, Hüseyinoglu UA, Silay E, Elcicek K: An Unusual Complication of Total Intravenous Anesthesia: Mutism. Anesth Analg 2003; 96:168-170.