Kardiale Nebenwirkungen bei Anwendung von Sibutramin ("Aus der UAW-Datenbank")

Zu den Aufgaben der AkdÄ gehören die Erfassung,

Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW).

Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig über aktuelle Themen

aus der Arbeit ihres UAW-Ausschusses informieren und hofft, Ihnen damit

wertvolle Hinweise für den Praxisalltag geben zu können.

Sibutramin (Reductil®) ist als unterstützende Therapie

im Rahmen eines Gewichtsmanagements (Diät, Verhaltenstherapie, vermehrte körperliche

Aktivität) bei Patienten mit einer ernährungsbedingten Adipositas und einem Körpermassenindex

von >_ 30 kg/m² und bei Patienten mit einem Index von >_ 27 kg/m² mit

kardiovaskulären Risikofaktoren, wie zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 2 oder

Fettstoffwechselstörungen, zugelassen. Eine Anwendung über mehr als ein Jahr

ist aufgrund begrenzter Erfahrungen nicht ratsam und auch durch den

Zulassungsstatus nicht abgedeckt. Bei unzureichendem Erfolg (zum Beispiel

Gewichtsabnahme < 5 % innerhalb von drei Monaten) sollte die Behandlung

abgebrochen werden (1).

Sibutramin hemmt die Wiederaufnahme von Noradrenalin,

Serotonin und Dopamin im Gehirn und führt über eine Erhöhung des Sättigungsgefühls

und einen Rückgang der metabolischen Rate zu einem Gewichtsrückgang. In

mehreren randomisierten plazebokontrollierten Studien konnte eine signifikante

und dosisabhängige Gewichtsreduktion zwischen 2,4 und 10 kg bei einer Dosis von

5 bis 30 mg gegenüber 0,75 und 3,5 kg unter Plazebo nachgewiesen werden.

Unter Gegenanzeigen sind unter anderem koronare

Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, periphere arterielle Verschlusskrankheit,

Herzrhythmusstörungen oder zerebrovaskuläre Erkrankungen sowie Blutdruckwerte

> 145/90 mmHg, unter Warnhinweise Blutdruck- und Herzfrequenzanstieg und

unter Nebenwirkungen häufig Tachykardie und Palpitationen beschrieben (1). Vor

einer Verordnung sollten deshalb entsprechende diagnostische Maßnahmen durchgeführt

werden.

Im deutschen Spontanerfassungssystem (gemeinsame

Datenbank von BfArM und AkdÄ) liegen mit Stand vom 21. 5. 2002 78 Berichte über

unerwünschte Arzneimittelwirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung von

Sibutramin vor. Unter den beobachteten Symptomen betreffen sechs Prozent Myo-,

Endo- und Perikardveränderungen und 19 Prozent Herzrhythmusstörungen. Es wurde

dreimal über einen Myokardinfarkt im Zusammenhang mit der Einnahme von

Sibutramin berichtet.

Folgenden drei Kasuistiken konnte der UAW-Ausschuss

genauer nachgehen:

  1. Bei einer 49-jährigen Patientin kam es zu tachykarden Rhythmusstörungen, die sich nach Absetzen wieder zurückbildeten.
  2. Bei einem 57-jährigen Patienten kam es fünf Stunden nach Einnahme der ersten Dosis von 10 mg Sibutramin zu einem akuten Myokardinfarkt.
  3. Bei einem 57-jährigen Patienten trat etwa einen Monat nach Einnahme von täglich 10 mg Sibutramin eine supraventrikuläre Tachykardie auf, die intensivmedizinische Maßnahmen notwendig machte.

Diese Nebenwirkungen von Sibutramin sind pharmakologisch

durch die Reuptakehemmung der Katecholamine erklärbar (2, 3) und sollten

deshalb eine besonders sorgfältige Anwendung und engmaschige Kontrollen

veranlassen.

Auf Antrag Italiens wird auf EU-Ebene eine erneute

Risikobewertung von Sibutramin durchgeführt; in Deutschland wurde ein

Stufenplanverfahren (Stufe I: Informationsaustausch mit dem Hersteller)

eingeleitet.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten

Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen

Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite

abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz

www.akdae.de abrufen.

Literatur

  1. Fachinformation Reductil, Stand November 2001.
  2. Hansen DL, Toubro S, Stock MJ et al.: Thermogenetic effects of sibutramine in humans. Amer J Clin Nutr 1998; 68:1180–1186.
  3. Hirsch J, Mackintosh RM, Aronne LJ: The effects of drugs used to treat obesity on the autonomic nervous system. Obesity Res. 2000, 8: 227–233.