Drug Safety Mail 2019-39

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) vom 10.07.2019

Linezolid: Komplexe Interaktion mit serotonergen Substanzen mit der Folge eines Serotonin-Syndroms

Nach zwei Fallberichten möchten wir an die Interaktion zwischen dem Antibiotikum Linezolid und serotonergen Substanzen erinnern: Ein 22-jähriger, langzeitbeatmeter Mann (Patient 1) sowie ein frühgeborener Junge (Patient 2) erhielten im Rahmen intensivmedizinischer Behandlungen Linezolid. Die Dauermedikation von Patient 1 enthielt Escitalopram. Der zweite Patient wurde mit Fentanyl behandelt. In beiden Fällen wurden weitere Arzneimittel gegeben.

Als die Patienten zusätzlich das Antibiotikum Linezolid erhielten, entwickelten sie nach einigen Tagen Symptome, welche als Serotonin-Syndrom durch Interaktion von Linezolid mit den serotonergen Arzneimitteln Escitalopram bzw. Fentanyl gewertet wurden. Der Zustand beider Patienten besserte sich nach Absetzen von Linezolid (und im ersten Fall auch von Escitalopram). Eine Mitverursachung der Symptomatik durch die postulierte Interaktion ist möglich, auch wenn in beiden Fällen alternative Ursachen denkbar sind.

Linezolid wird angewendet bei Infektionen mit grampositiven Bakterien (1). Wegen seiner Wirkung gegen Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA) und Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) gilt es als Reserveantibiotikum (2;3) und sollte nur stationär und nach Beratung durch einschlägige Spezialisten angewendet werden (1).

Linezolid ist ein reversibler, nichtselektiver Monoaminooxidase(MAO)-Hemmer. Die MAO spielt eine wichtige Rolle beim Abbau biogener Amine wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin. Hemmstoffe der MAO werden therapeutisch angewendet zur Behandlung psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen (z. B. Depression, M. Parkinson) (4).

Die gleichzeitige Gabe von Linezolid und serotonergen Substanzen (z. B. selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (z. B. Citalopram, Escitalopram, trizyklische Antidepressiva (z. B. Clomipramin), Triptane (z. B. Sumatriptan), einige Opioide (z. B. Tramadol, Fentanyl) (5;6)) ist wegen der Gefahr eines Serotonin-Syndroms kontraindiziert, es sei denn, eine solche Kombination ist lebensnotwendig. Ggf. sollten Patienten engmaschig auf Anzeichen eines Serotonin-Syndroms überwacht werden (1) (z. B. Fieber, Verwirrtheit, Unruhe, Herzrhythmusstörungen, neuromuskuläre Symptome bis hin zu Krampfanfällen und Koma (1;5)). Arzneimittel mit vasopressorischer Wirkung, einschließlich dopaminerger Wirkstoffe, sollten bei gleichzeitiger Gabe mit Linezolid vorsichtig titriert werden (1;5).

Literatur:

  1. Pfizer Pharma PFE GmbH: Fachinformation "Zyvoxid® 2 mg/ml Infusionslösung". Stand: Januar 2018.
  2. WHO Expert Committee on the Selection and Use of Essential Medicines: Executive Summary: The Selection and Use of Essential Medicines 2017: https://www.who.int/medicines/publications/essentialmedicines/EML_2017_ExecutiveSummary.pdf (letzter Zugriff: 5. Juni 2019). WHO headquarters, Geneva, 27. bis 31. März 2017.
  3. Kanga I, Poitras V, Ford C: CADTH Rapid Response Reports. Linezolid for the Treatment of Infections: A Review of the Clinical and Cost-Effectiveness. Ottawa (ON): Canadian Agency for Drugs and Technologies in Health, 2017.
  4. Tripathi AC, Upadhyay S, Paliwal S, Saraf SK: Privileged scaffolds as MAO inhibitors: Retrospect and prospects. Eur J Med Chem 2018; 145: 445-497.
  5. Goepfert C, Haen E: Linezolid – ein Antibiotikum mit Bedeutung für die Psychiatrie? NeuroTransmitter 2004; 15 (9): 68-69.
  6. Serotonin-Syndrom als additive Wechselwirkung unter Fentanyl. Arzneimittelbrief 2013; 47: 43-44.