Schwere Sepsis nach parenteraler Gabe von Vitamin C
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Ein 38-jähriger, sonst gesunder Patient erhielt wegen angeblicher Infektneigung Vitamin C intravenös und entwickelte kurz danach das Bild einer schweren Sepsis mit beginnendem Multiorganversagen. Wahrscheinlich führte eine mikrobielle Verunreinigung des Medikaments zu diesem lebensbedrohlichen Bild. Da jede parenterale Gabe mit Risiken für den Patienten verbunden ist, sollte die Indikationsstellung entsprechend streng erfolgen.
A 38-year-old, otherwise healthy patient received intravenous Vitamin C for alleged susceptibility to infections. Shortly after administration the patient developed severe sepsis with signs of multiorgan failure. Most likely a microbial contamination of the medicine led to this life-threatening presentation. As every parenteral administration is associated with potential risk for the patient, the indication should be given strictly.
Intravenöse Vitamin-C-Formulierungen sind zugelassen für die Substitution bei parenteraler Ernährung und für die Behandlung einer Methämoglobinämie im Kindesalter (1). Außerhalb dieser Indikationen sollte eine besonders strenge Risiko-Nutzen-Abwägung stattfinden, da jede parenterale Medikamentengabe auch ein gewisses Gefahrenpotenzial birgt.
Ein 38 Jahre alter Patient wird von seinem Hausarzt wegen angeblicher Infektneigung mit Vitamin C 1000 mg i.v. als Kurzinfusion über 30 Minuten behandelt. Der Patient hat außer einer chronischen Cephalgie mit gelegentlicher Ibuprofen-Einnahme keine Vorerkrankungen und keine Dauermedikation.
Eine halbe Stunde nach der Applikation entwickelte der Patient Übelkeit mit Erbrechen, Kopfschmerzen und Schüttelfrost sowie ein Hauterythem an Gesicht und Thorax und injizierte Skleren und Konjunktiven. Er meldete sich in einer Rettungsstelle und wurde in einer internistischen Klinik stationär aufgenommen. Auf der peripheren Station zeigte der Patient hohe Körpertemperatur, Hypotonie und in der Biochemie u. a. pathologische Nieren- und Leberwerte (GFR 43 ml/min, Kreatinin 153 µmol/l, Harnstoff 13,03 mmol/l, Bilirubin gesamt 99,3 µmol/l, Bilirubin direkt 29,7 µmol/l, ASAT 5,8 µkat/l, ALAT 9,4 µkat/l, γ-GT 3,35 µkat/l, CRP 91 µmol/l, Leukozyten 17.600/µl (Neutrophile 97,3%), Thrombozyten 114 Tsd./µl), sodass bei Hinweisen auf beginnendes Multiorganversagen und Kreislaufinsuffizienz eine Verlegung auf die internistische Intensivstation erfolgen musste. Dort stabilisierte sich der Patient anschließend unter intensiver Flüssigkeitszufuhr und Antibiotikatherapie – ohne Einsatz von Katecholaminen. Im Verlauf entwickelte der Patient rechtsseitige Oberbauchschmerzen. In der Sonographie zeigte sich das Bild einer akalkulösen Cholezystitis, wahrscheinlich als Folge der stattgehabten Sepsis. Nach deutlicher Besserung des Allgemeinzustandes konnte der Patient am fünften Tag auf die periphere Station zurückverlegt werden. Dort klagte er bei weiterhin bestehender Hyperbilirubinämie über Juckreiz, welcher mit Dimetinden und Cholestyramin behandelt wurde. Nach insgesamt zwei Wochen konnte der Patient entlassen werden.
Mit Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei diesem Fall um einen sogenannten Toxinschock, d. h. um eine mikrobielle Verunreinigung (Endo- und/oder Exotoxine bzw. Zellwandkomponenten) im Rahmen der Herstellung, Zubereitung oder Verabreichung der Infusion. Infrage kommen sehr unterschiedliche Mikroorganismen. Leider gelang im vorliegenden Fall kein Erregernachweis. Fälle einer solchen sogenannten Infusatsepsis sind in der Literatur beschrieben (2-5), auch in Assoziation mit einer Vitamin-C-Injektion (6). Oft sind es „ungewöhnliche“ gramnegative Bakterien (wie Serratia, Enterobacter oder Pseudomonas), die im Rahmen der Zubereitung einer Infusionslösung diese kontaminieren und dann einen hohen Endotoxingehalt des Infusats verursachen. Bei Verabreichung solch einer Lösung kann es dann – wie im beschriebenen Fall – zum „septischen“ Schock innerhalb kurzer Zeit kommen.
Neben Befolgung der notwendigen hygienischen Maßnahmen zur Vermeidung solcher Fälle, ist es wichtig, die Indikation für jegliche invasive Maßnahmen im Rahmen der Risikominimierung streng zu stellen.
Jede invasive Maßnahme birgt Risiken für den Patienten, insbesondere auch durch Medikationsfehler. Vor allem bei Anwendungen von Medikamenten im Off-Label-Bereich sollte eine strenge Risiko-Nutzen-Abwägung stattfinden. Die Haftung liegt bei Off-Label-Anwendung beim Arzt. Es sollten – falls möglich – evidenzbasierte Therapien zur Anwendung kommen.
Ein Interessenkonflikt wird von den Autoren verneint.