Neues zu Terbutalin
Arzneimittel – kritisch betrachtet
Arzneimittel – kritisch betrachtet
Zu Terbutalin-haltigen Arzneimitteln wurde 2022 ein europäisches, die periodischen Sicherheitsberichte bewertendes Verfahren (nach Art. 107e der Richtlinie 2001/83/EG) durchgeführt (1). Basierend auf der Empfehlung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) wurde beschlossen, dass die Produktinformation Terbutalin-haltiger Arzneimittel mit den Darreichungsformen Pulver zur Inhalation und Lösung für einen Vernebler dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand anzupassen sind.
Angesichts der verfügbaren Daten, die in der wissenschaftlichen Literatur aus klinischen Studien und großen bevölkerungsbezogenen Beobachtungsstudien veröffentlicht wurden, und angesichts eines plausiblen Wirkmechanismus war der PRAC der Ansicht, dass eine übermäßige Anwendung von Terbutalin-haltigen Arzneimitteln zur Bedarfstherapie mit einer Verschlechterung des Asthmas und dem Risiko lebensbedrohlicher Asthma-Exazerbationen einhergeht. Darüber hinaus wurde berücksichtigt, dass die alleinige Versorgung von Asthmapatienten mit Terbutalin die zugrunde liegende entzündliche Erkrankung unbehandelt lässt und die Patienten einem Terbutalin-Übergebrauch mit seinen ungünstigen Folgen aussetzt.
Daher wurde empfohlen, in der Produktinformation auf die Risiken einer übermäßigen Anwendung von Terbutalin für Patienten und medizinisches Fachpersonal hinzuweisen und von einer Terbutalin-Monotherapie bei intermittierendem/leichtem Asthma abzuraten (Kasten 1).
Die Gebrauchsinformation wurde entsprechend aktualisiert und ergänzt.
Auch wenn die Änderung nur Terbutalin-haltige Arzneimittel betrifft, gelten die aufgelisteten Risiken auch für die restlichen kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika (Short-acting beta2-agonists, SABA) Fenoterol und Salbutamol.
Die Risiken der Monotherapie des Asthmas mit kurzwirksamen Betaagonisten (SABA) beim Asthma sind seit den 1980er Jahren hinreichend bekannt (2). Damals wurde eine Assoziation der Verordnung von Fenoterol mit einer erhöhten Anzahl von Todesfällen bei schwerem Asthma beobachtet. Es handelt sich um einen Klasseneffekt, der sich vor allem bei zu häufiger Anwendung in Monotherapie zeigt. Die Patienten fühlen sich nach der Inhalation symptomatisch besser, da sie den schnellen Effekt des Inhalierens sofort bemerken, während die inhalativen Kortikosteroide (ICS), die im Gegensatz zu den Betaagonisten auf die zugrundeliegende Asthma-Entzündung wirken, keinen Soforteffekt aufweisen. Dies kann dazu führen, dass Patienten alle 1–2 Stunden mit SABA inhalieren, aber das einzig kausal wirksame ICS vergessen. Auch Ängste vor der topischen Kortisonanwendung spielen eine Rolle. Daraus resultieren dann Verschleierungseffekte mit unter Umständen deletären Folgen wie Asthma-Exazerbationen und proarrhythmische Nebenwirkungen, die insbesondere bei kardiovaskulärer Komorbidität und Hypokaliämien zu beachten sind. Die nachteiligen Effekte eines Übergebrauchs von SABA auch bei mildem Asthma wurde kürzlich in einer großen schwedischen Kohortenstudie bestätigt (3).
In Deutschland ist nur noch ein einziges Terbutalin-haltiges Arzneimittel verfügbar. In der aktuellen Auflage der NVL Asthma (4) ist die Monotherapie mit SABA nur noch als Option auf Stufe 1 (reine Bedarfstherapie) bei maximal zweimal wöchentlicher Anwendung gelistet; ansonsten wird auf dieser Stufe die Fixkombination aus Formoterol/ICS empfohlen, die eine ausreichende Versorgung mit der antientzündlichen Komponente gewährleistet. Deren Überlegenheit in der Bedarfstherapie hinsichtlich der Vermeidung von Asthma-Exazerbationen zeigte sich auch in einer aktuellen Cochrane-Metaanalyse (5). In der internationalen Asthma-Leitlinie GINA wird von einer Monotherapie mit SABA generell zugunsten der Fixkombination abgeraten (6). Hierdurch können die Risiken einer Monotherapie mit Betaagonisten beim Asthma am sichersten vermieden werden.
Der Autor gibt an, keine Interessenkonflikte zu haben.