Ketoazidose unter SGLT-2-Inhibitoren
Kurzmeldungen aus der Pharmakovigilanz
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Nebenwirkungen aktuell
Die Fälle
Der AkdÄ wurden mehrere Fälle von diabetischen Ketoazidosen (DKA) unter SGLT-2-Inhibitoren gemeldet. Es lagen Risikokonstellationen vor, bei denen die SGLT-2-Inhibitoren hätten abgesetzt bzw. die Dosierung angepasst werden sollen.
Diabetische Ketoazidose: Zu den diagnostischen Kriterien für eine diabetische Ketoazidose zählen neben dem Nachweis von Ketonkörpern ein pH ≤7,3, ein Serumbicarbonat ≤15 mmol/l und ein Anionengap > 12 mmol/l.
Bewertung
SGLT-2-Inhibitoren (Gliflozine) können in seltenen Fällen zum Auslösen einer atypischen DKA führen (1-3). Eine Besonderheit der SGLT-2-Inhibitoren-assoziierten Ketoazidosen ist, dass der Blutzucker durch die vermehrte Glukoseausscheidung über die Niere auch nur mäßig erhöht oder sogar normal (euglykämisch) sein kann (4). Als Mechanismen werden Änderungen des Gleichgewichts von Insulin und Glukagon durch den Verlust von Glukose über den Urin sowie weitere Effekte der Gliflozine an der Bauchspeicheldrüse und auf die renale Ausscheidung von Ketonkörpern diskutiert. Situationen mit einem vermehrten Insulinbedarf oder relativem Insulinmangel können mit einem erhöhten Risiko für eine SGLT-2-Inhibitoren-assoziierte Ketoazidose einhergehen. Risikofaktoren sind u. a. chirurgische Eingriffe, Infektionen oder das Aussetzen bzw. die Dosisreduktion von Insulin (Tabelle 1). Gemäß Fachinformation sollte die Behandlung unterbrochen werden, wenn ein Patient wegen eines größeren chirurgischen Eingriffs oder akuter schwerer Erkrankung stationär aufgenommen wird. In diesen Fällen wird eine Überwachung der Ketonkörperkonzentration, vorzugsweise im Blut, empfohlen. Aufgrund der Halbwertszeit von 11 bis 13 Stunden wird empfohlen, SGLT-2-Inhibitoren drei Tage vor großen chirurgischen Eingriffen abzusetzen. Die Behandlung kann wieder aufgenommen werden, wenn sich der Zustand des Patienten normalisiert hat und die Ketonkörperkonzentration normal ist (1-3). Das Risiko für eine Ketoazidose kann ferner erhöht sein bei Patienten mit geringer Funktionsreserve der Betazellen, bei eingeschränkter Nahrungsaufnahme oder schwerer Dehydratation, wenn die Insulindosis herabgesetzt wird und wenn der Insulinbedarf erhöht ist (z. B. akute Erkrankung/Operation, Alkoholmissbrauch). In diesen Fällen sollten SGLT-2-Inhibitoren mit Vorsicht angewendet werden (1-3).
Fazit
Das Risiko für eine DKA ist erhöht in Situationen mit vermehrtem Insulinbedarf, wie z. B. bei größeren operativen Eingriffen, niederkalorischen Diäten oder akuten schweren Erkrankungen. Daher wird in diesen Situationen die vorübergehende Pausierung von SGLT-2-Inhibitoren empfohlen. Bei den folgenden Symptomen unter Behandlung mit SGLT-2-Inhibitoren sollte eine Ketoazidose in Betracht gezogen werden: Übelkeit, Erbrechen, Anorexie, Bauchschmerzen, starker Durst, Schwierigkeiten beim Atmen, Verwirrtheit, ungewöhnliche Müdigkeit oder Schläfrigkeit. Dies gilt auch, wenn der Blutzucker nicht oder nur mäßig erhöht ist. Ärzte sollten ihre Patienten aufklären, sich bei einer solchen Symptomatik unverzüglich ärztlich vorzustellen.
Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG: Fachinformation „Jardiance® Filmtabletten“. Stand: Juli 2022.
AstraZeneca GmbH: Fachinformation „Forxiga® 5 mg / 10 mg Filmtabletten“. Stand: Februar 2023.
AstraZeneca AB, Boehringer Ingelheim International GmbH, Janssen-Cilag International N.V.: Informationsbrief: Aktualisierte Hinweise zum Risiko einer diabetischen Ketoazidose während der Behandlung mit SGLT2-Inhibitoren. Informationsbrief vom 14. März 2016.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ): „Aus der UAW-Datenbank“: Atypische diabetische Ketoazidosen im Zusammenhang mit SGLT-2-Hemmern (Gliflozine). Dtsch Arztebl 2018; 38: A1671-1672.