Ertugliflozin/Sitagliptin (Steglujan®) ▼
Neue Arzneimittel
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Ertugliflozin/Sitagliptin (Steglujan®) ist zugelassen als Ergänzung zu Diät und Bewegung zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle bei Patienten ab dem 18. Lebensjahr mit Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2):
Ertugliflozin ist ein Natrium-Glukose-Cotransporter-2-(SGLT-2)-Inhibitor. Durch die selektive und reversible Hemmung von SGLT-2 wird die Rückresorption von glomerulär filtrierter Glukose reduziert und die sogenannte Nierenschwelle für Glukose gesenkt, sodass die Glukoseausscheidung im Urin steigt.
Sitagliptin ist ein Dipeptidyl-Peptidase-4-(DDP-4)- Inhibitor, der den Abbau der Inkretinhormone Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) und Glucose-dependent insulinotropic Peptid (GIP) im Körper blockiert und dadurch ihre Plasmaspiegel erhöht. Zusätzlich unterdrückt Sitagliptin die Glukagonsekretion und führt darüber zu einer Hemmung der hepatischen Glukoseproduktion.
Steglujan® (Ertugliflozin/Sitagliptin) ist seit dem 15. Mai 2018 in dieser Indikation auf dem deutschen Arzneimittelmarkt.
Steglujan® (Ertugliflozin/Sitagliptin) ist eine Fixkombination aus dem vierten zugelassenen SGLT-2-Inhibitor Ertugliflozin und dem DDP-4-Hemmer Sitagliptin. In den Zulassungsstudien senkte diese Fixkombination HbA1c, Körpergewicht und Blutdruck signifikant stärker als Placebo in der Initialtherapie sowie als Add-on zu Metformin. Diese signifikante Senkung wurde auch im Vergleich zur Therapie mit Sitagliptin bzw. Ertugliflozin allein als Add-on zu Metformin gezeigt. Dabei war die Senkung von Körpergewicht und Blutdruck im Vergleich zur Ertugliflozin allein nicht signifikant verschieden und numerisch sogar kleiner.
Ob sich diese Effekte im eigentlichen Therapieziel, der Verringerung diabetischer Folgekomplikationen, niederschlagen, ist offen, weil Endpunktstudien dazu bisher fehlen, ebenso wie Studien zu Effekten auf kardiovaskuläre Erkrankungen. Für die Fixkombination mit Sitagliptin ist der Beleg der positiven Beeinflussung der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität besonders wichtig, da auch für Sitagliptin alleine dieser Nachweis nicht erbracht worden ist.1 Die vergleichende Wirksamkeit mit anderen oralen Antidiabetika wurde weder in der Monotherapie noch in der Kombinationstherapie – mit Ausnahme der Add-on-Gabe zu Metformin – genügend untersucht.
Ertugliflozin bewirkt eine osmotische Diurese und Glukosurie. Dies kann zu Volumenmangel und symptomatischer Hypotonie insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, bei älteren Patienten und bei gleichzeitiger Einnahme von Diuretika oder Antihypertonika führen. Unter der Einnahme von Ertugliflozin traten in klinischen Studien sehr häufig genitale Pilzinfektionen auf. Die Wirksamkeit von Ertugliflozin verringert sich mit abnehmender Nierenfunktion und bleibt bei Patienten mit schwerer Einschränkung der Nierenfunktion aus. Eine Behandlung von Patienten mit eGFR unter 60 ml/min/1,73 m2 sollte nicht begonnen werden.
Ertugliflozin/Sitagliptin kommt gemäß Zulassung nur in Frage, wenn unter Metformin und/oder einem Sulfonylharnstoff, Ertugliflozin oder Sitagliptin keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreicht wurde. Insgesamt erscheint der Einsatz der Fixkombination allenfalls nachrangig – und nur bei normaler Nierenfunktion gerechtfertigt. Weiterhin bestehen offene Fragen bezüglich der Anwendung bei älteren Patienten (≥ 75 Jahre) und bei Patienten mit Herzinsuffizienz der NYHA Klasse II–IV sowie bezüglich der kardiovaskulären Langzeitsicherheit von Ertugliflozin, die aktuell keine abschließende Bewertung des Nutzen-Risiko-Profils zulassen.
Für die Zulassung reichte der pharmazeutische Unternehmer die Ergebnisse aus drei multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebo- oder aktiv kontrollierten, Phase-III-Studien an insgesamt 1985 Patienten mit DMT2 ein. Untersucht wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Ertugliflozin 5 mg bzw. 15 mg in Kombination mit 100 mg Sitagliptin als initiale Therapie und auch als Add-on zu Metformin im Vergleich zu Placebo und im Vergleich zu Ertugliflozin bzw. Sitagliptin allein als Add-on zu Metformin. Primärer Endpunkt war die Senkung des HbA1c-Wertes. Als sekundäre Endpunkte wurden u. a. die Änderung des Körpergewichts und des systolischen Blutdrucks erhoben. In den einzelnen Studien zeigte die Kombination Ertugliflozin/Sitagliptin eine signifikant stärkere Senkung des HbA1c-Wertes im Vergleich zu Placebo in der Initialtherapie und als Add-on zu Metformin. Dieser Effekt wurde auch für die Kombination im Vergleich zu Ertugliflozin oder Sitagliptin allein als Add-on zu Metformin gezeigt (siehe Tabelle 1).
Auch bezüglich der sekundären Endpunkte waren die Ergebnisse unter Ertugliflozin/Sitagliptin signifikant besser. Nach 26 Wochen zeigte sich eine statistisch signifikante Senkung des systolischen Blutdrucks im Vergleich zu Sitagliptin alleine (–2,8 mmHg bzw. –3,0 mmHg für Ertugliflozin/Sitagliptin 5 mg/100 mg bzw. 15 mg/100 mg) oder im Vergleich zu Placebo (–4,4 mmHg bzw. –6,4 mmHg für Ertugliflozin/Sitagliptin 5 mg/100 mg bzw. 15 mg/100 mg). Im Vergleich zu Ertugliflozin allein zeigte sich kein Unterschied in der Senkung des systolischen Blutdrucks. Die mittlere Senkung des Körpergewichts in Differenz zu Sitagliptin allein lag bei 1,9 bzw. 2,3 kg unter Ertugliflozin 5 mg/Sitagliptin bzw. Ertugliflozin 15 mg/Sitagliptin. Im Vergleich zu Ertugliflozin allein zeigte sich diesbezüglich kein statistisch signifikanter Unterschied.
Als Add-on zu einer Hintergrundtherapie mit Metformin und Sitagliptin führte Ertugliflozin 5 mg bzw. 15 mg zu einer statistisch signifikanten Senkung des systolischen Blutdrucks in Differenz zu Placebo von 2,9 mmHg bzw. 3,9 mmHg sowie zu einer statistisch signifikanten Senkung des Körpergewichts in Differenz zu Placebo von 2,0 kg bzw. 1,7 kg. In der placebokontrollierten Studie zur Initialtherapie mit Ertugliflozin 5 mg bzw. 15 mg/Sitagliptin 100 mg betrug die statistisch signifikante Differenz in der Senkung des systolischen Blutdrucks im Vergleich zu Placebo 4,4 mmHg bzw. 6,4 mmHg, die statistisch signifikante Differenz in der Senkung des Körpergewichts 2,0 kg bzw. 2,1 kg.
Die wichtigsten häufigen Nebenwirkungen waren Hypoglykämie, vulvovaginale Pilzinfektion, Harnwegsinfektionen, Candida-Balanitis sowie andere genitale Pilzinfektionen, vulvovaginaler Pruritus, Hypovolämie, erhöhter Harndrang, Durst und Anstieg der Serumlipide und des Hämoglobins. Im Vergleich zu Placebo (gepoolte Ergebnisse) war die Inzidenz von Hypoglykämien unter Ertugliflozin 5 mg und 15mg (5,0 % und 4,5 % versus 2,9 % unter Placebo) erhöht. In der Monotherapie zeigte sich ein nicht dosisabhängiger Anstieg hypoglykämischer Ereignisse unter Ertugliflozin (je 2,6 % für beide Dosierungen) im Vergleich zu Placebo (0,7 %). In der Add-on-Gabe zu Metformin war die Hypoglykämie-Inzidenz unter Ertugliflozin 5 mg (7,2 %) und Ertugliflozin 15 mg (7,8 %) deutlich erhöht im Vergleich zu Placebo (4,3 %). Renale Nebenwirkungen (z. B. akute Nierenschädigung, eingeschränkte Nierenfunktion, akute prärenale Insuffizienz) traten insbesondere bei Patienten mit moderater Einschränkung der Nierenfunktion auf. Schwerwiegende Nebenwirkungen waren diabetische Ketoazidosen und Überempfindlichkeitsreaktionen. In allen Studien gab es drei Ketoazidose-Fälle unter Ertugliflozin (keine Fälle in den Kontrollarmen).
Das IQWiG wurde am 15.05.2018 mit der Bewertung des Zusatznutzens beauftragt, über den der G-BA entscheiden wird. Sollte sich die AkdÄ mit einer Stellungnahme äußern, wird diese auf der AkdÄ-Website veröffentlicht.
Europäischer Öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR) Steglujan®, erschienen am 5. April 2018. Die vorliegende Information erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Richtigkeit der angegebenen Dosierungen kann keine Gewähr übernommen werden.
Arzneimittel, die mit einem schwarzen Dreieck (▼) gekennzeichnet sind, unterliegen einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.).
„Neue Arzneimittel“ ist eine Information der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) zu neu zugelassenen Arzneimitteln oder zu neu zugelassenen Indikationen. Ziel ist es, den Ärzten zeitnah Informationen zu diesen Arzneimitteln zur Verfügung zu stellen, zunächst bei Markteinführung sowie nach der frühen Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) (§ 35a Absatz 1 SGB V). „Neue Arzneimittel“ bei Markteinführung enthält Informationen basierend auf dem Europäischen Öffentlichen Bewertungsbericht (EPAR) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) sowie weiteren bei Markteinführung vorliegenden Daten aus klinischen Studien. Nach Abschluss der frühen Nutzenbewertung wird der Zusatznutzen des neuen Arzneimittels und seine therapeutische Bedeutung auf der Basis der Dossierbewertung des IQWiG, der Stellungnahme der AkdÄ und des Beschlusses des G-BA im Rahmen der frühen Nutzenbewertung dargestellt („Update – Neue Arzneimittel“).
Der Wirkstoff liegt als Cokristall mit Pidolsäure (1:1) vor.
1Green JB, Bethel MA, Armstrong PW et al.; TECOS Study Group: Effect of sitagliptin on cardiovascular outcomes in type 2 diabetes. N Engl J Med 2015; 373: 232-242.
Dieser Artikel wurde am 21. Juni 2018 vorab online veröffentlicht.