Außer Spesen nichts gewesen?
Editorial
Editorial
Weniger geht kaum: „Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen gegenüber der optimierten Standardtherapie“. Das ist die ernüchternde Bewertung von Empagliflozin in seiner Indikation symptomatische, chronische Herzinsuffizienz durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (1;2). Das Ergebnis beider Bewertungen – bereits Anfang 2022 bei symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz und jetzt aktuell im September 2022 bei chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion – steht in erstaunlichem Widerspruch zu den Werbeaussagen zum Präparat, mit denen aktuell der pharmazeutische Hersteller die geneigte Ärzteschaft überzieht. Die nicht unbedingt für wissenschaftliche Neutralität bekannte Ärzte Zeitung jubelte geradezu: „Herzinsuffizienz: Bessere Prognose mit Empagliflozin“ (3).
Haben IQWiG (4;5), AkdÄ (6;7) und G-BA da irgendetwas übersehen? Der Artikel zum Thema in diesem Heft klärt die Leserinnen und Leser in präziser und gut verständlicher Form darüber auf, wie Ergebnisse klinischer Studien kritisch hinterfragt werden müssen, insbesondere wie nach Confoundern (störende methodische Faktoren, die Ergebnisse oder deren Interpretation verzerren können) gefahndet werden muss. Die SGLT2-Inhibitoren wie Empagliflozin mögen eine Erweiterung der Möglichkeiten der Herzinsuffizienzbehandlung darstellen. Ein therapeutischer Durchbruch im Sinne einer Prognoseverbesserung (Morbidität und Mortalität) sind sie nicht.
Mit einem interessanten Fall akuter Hepatotoxizität von Rosuvastatin befasst sich ein weiterer Artikel dieser Ausgabe von AVP. Auch wenn bei unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen die Kausalität selten mit letzter Sicherheit konstatiert werden kann, lässt sich im berichteten Fall ein möglicher bis wahrscheinlicher kausaler Zusammenhang zwischen der Einnahme von Rosuvastatin und dem Leberversagen doch annehmen. Dies ist von praktischer Relevanz für die Ärzteschaft, denn das akute Leberversagen ist in der Fachinformation von Rosuvastatin bisher nicht als mögliche Nebenwirkung aufgeführt (8). Ganz im Gegensatz zu anderen Statinen, wie Atorvastatin, bei denen es als bekannte, wenn auch sehr seltene Nebenwirkung beschrieben wird (9). Der pharmakologische Wirkmechanismus der Statine ist nahezu identisch. Daher sollte auch bei Rosuvastatin auf Symptome eines Leberversagens geachtet werden, insbesondere bei der Neueinstellung von Patienten.
Nicht nur Kinder- und Jugendärzte dürfte der Beitrag zum aktuellen Status quo der systemischen Behandlung 12- bis 18-Jähriger mit atopischer Dermatitis interessieren. Die als therapeutische Targets erkannten Cytokin-Signalwege werden nicht nur von monoklonalen Antikörpern wie Dupilumab und Tralokinumab adressiert, sondern auch von Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Baricitinib oder Upadacitinib. Weitere Wirkstoffe wie Lebrikizumab und Anrukinzumab stehen in den Startlöchern. Angesichts der Prävalenz der Erkrankung und fünfstelliger Jahrestherapiekosten ein lukrativer Markt für die pharmazeutische Industrie. Die Therapie dürfte nicht übersichtlicher werden.
Der Autor erklärt, keine Interessenkonflikte zu haben.