Asthma bronchiale: SMART-Präparate bereits bei Bedarf
Arzneimittel – kritisch betrachtet
Arzneimittel – kritisch betrachtet
Weiterer Autor: Prof. Dr. med. Bernd Mühlbauer, Bremen
Sowohl die Systematik der Schweregrad-Einteilung des Asthmas bronchiale als auch die daran orientierten Therapieempfehlungen sind ständig im Wandel. Schon einige Zeit etabliert war das Konzept der „single maintenance and reliever therapy“ (SMART) mit Fixkombinationen aus inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und Formoterol. In diesem Beitrag wird auf die relativ neue Anwendung dieses medikamentösen Prinzips als Bedarfstherapie bei bis zu moderatem Asthma eingegangen – und auf die Konsequenzen für die Stufeneinteilung.
Weiterentwicklung der Stufentherapie
Über Jahrzehnte blieb das Stufenschema der medikamentösen Behandlung des Asthma bronchiale bei Erwachsenen relativ unverändert. Die erste Stufe stellte die Bronchodilatation bei Bedarf mit schnellwirkenden β2-Adrenozeptor-Agonisten dar. Dazu gehören alle kurzwirksamen β-Adrenozeptor-Agonisten (SABA) und der langwirksame β2-Adrenozeptor-Agonist (LABA) Formoterol. Ab Stufe 2 wurde eine entzündungshemmende Erhaltungstherapie mit einem ICS eingeleitet, ab Stufe 3 wurde ein LABA als Erhaltungstherapie ergänzt. In den Stufen 4 und 5 wurden die Dosierungen sukzessive erhöht, weitere Bronchodilatatoren, orale Kortikosteroide und zuletzt Immunantikörper hinzugenommen. Die Bedarfstherapie wurde stufenübergreifend mit einem SABA oder mit Formoterol beibehalten.
Zumindest in den Stufen 1 bis 3 ist nun alles anders. Gemäß den aktuellen Versionen der einschlägigen Leitlinien wie Global Initiative for Asthma (GINA) oder NVL Asthma werden ß2-Adrenozeptor-Agonisten zusammen mit ICS gegeben, vorzugsweise in fixer Kombination (1;2).
Fixkombinationen als SMART-Konzept
Bereits vor einigen Jahren wurde ab Stufe 3 die Fixkombination aus niedrig dosiertem ICS und Formoterol zu sowohl Erhaltungs- als auch Bedarfsbehandlung eingeführt. Diese therapeutische Strategie wird als SMART-Konzept bezeichnet und gilt inzwischen als etabliert. Das Akronym steht für „single inhaler maintenance and reliever therapy“. Genaugenommen gilt die Bezeichnung SMART nicht ab, sondern nur für die Stufe 3, da ab Stufe 4 das „single“ nicht mehr zutrifft. Die Zulassung für die kombinierte Bedarfs- und Erhaltungstherapie gilt nämlich nur für die Fixkombination aus Formoterol und niedrig dosiertem ICS. Ab Stufe 4 ist ICS in höherer Dosierung erforderlich, was den Einsatz eines zweiten Inhalators nötig macht.
Fixkombinationen noch früher
Die aktuellen Novellierungen der Leitlinien gehen noch weiter. ICS/Formoterol-Fixkombinationen sollen nun bereits in den Stufen 1 und 2 bei Auftreten von Asthmasymptomen gegeben werden, in der Wahrnehmung des Patienten also als Bedarfstherapie. Zum einen soll dies die Gefahr des Übergebrauchs an ß2-Adrenozeptor-Agonisten reduzieren, zum anderen soll frühzeitig der Einsatz von ICS sichergestellt werden, was dann gegen die erste Erwartung zu einem Einspareffekt von ICS führt. Am Rande sei angemerkt, dass dieser Einsatz bisher nicht in die Zulassungstexte eingeflossen, also als Off-Label-Use einzustufen ist. Sowohl GINA als auch die NVL bevorzugen diese Vorgehensweise. Während die NVL die traditionelle alleinige Gabe eines SABA bei Bedarf in Stufe 1 noch akzeptiert, rät GINA ausschließlich zur kombinierten Gabe („Take ICS whenever SABA taken.“).
… und dann waren‘s nur noch vier
Bei genauer Betrachtung löst diese Behandlungsstrategie die bisherige scharfe Trennung zwischen den Stufen 1, 2 und 3 des therapeutischen Stufenschemas auf. Eine rein auf akute Symptomverbesserung abzielende Bedarfsbehandlung gibt es nicht mehr, da der entzündungshemmende Effekt des Kortikosteroidanteils in den Kombinationspräparaten länger anhält. Deshalb beschreibt der Begriff Bedarfstherapie nicht mehr das Behandlungsziel der Arzneimittel, sondern den Zeitpunkt bzw. die Frequenz ihrer Anwendung. Die Stufen 1 und 2 unterscheiden sich nun in der Therapie nicht mehr, Stufe 3 ist die erste Stufe mit einer regelmäßigen Verabreichung von niedrig dosiertem ICS und Formoterol. Wenn dieses Kombinationspräparat zusätzlich zu seiner regelmäßigen Verabreichung („Erhaltungstherapie“) auch als Bedarfstherapie eingesetzt wird, entspricht das dem SMART-Konzept. Am Ende wird so aus dem fünfstufigen Behandlungsschema ein vierstufiges. Für Patienten und Therapeuten vereinfacht sich dadurch die Therapie bis zur Stufe 3 erheblich, da nur noch ein Inhalator angewendet werden muss.
Zulassungen der Fixkombinationen
Auf den ersten Blick in die Fachinformationen erscheint keines der ICS/Formoterol-Fixkombinationen für die Bedarfstherapie oder das SMART-Konzept zugelassen. Laut Fachinformationen besteht bezüglich Asthma folgende Zulassung (Abschnitt 4.1 Anwendungsgebiete): „Das Kombinationsarzneimittel […] wird bei Erwachsenen und Jugendlichen im Alter von 12 Jahren und älter für die regelmäßige Behandlung von Asthma eingesetzt, wenn die Anwendung eines ICS und eines LABA in Kombination angezeigt ist – bei Patienten, die mit ICS und SABA zur bedarfsweisen Inhalation nicht ausreichend eingestellt sind – oder bei Patienten, die bereits mit ICS und LABA in Kombination ausreichend eingestellt sind.“
Im Abschnitt 4.2 Dosierung und Art der Anwendung der Fachinformationen der niedrig dosierten Budesonid- und Beclometason/Formoterol-Fixkombinationen findet sich allerdings folgende Angabe wieder: „Das Kombinationsarzneimittel […] wird zur regelmäßigen Erhaltungstherapie und zur Bedarfstherapie bei Auftreten von Symptomen angewendet.“
Demzufolge ist die Zulassung für das SMART-Konzept für die folgenden Dosierungen gegeben (bezogen auf abgemessene bzw. abgegebene Menge): Formoterol 6 µg bzw. 4,5 bis 5,5 µg, Budesonid 100 bis 200 µg bzw. 80 bis 194 µg, Beclometason 100 µg bzw. 81 bis 85 µg (siehe Tabelle 1). Die höher dosierten Fixkombinationen und die Fixkombination Fluticason/Formoterol sind nur für die Erhaltungstherapie von Asthma bronchiale zugelassen. Zu dem langwirksamen Salmeterol sei angemerkt, dass es mit seinem Wirkungseintritt nach 10 bis 20 Minuten kein schnellwirkender ß2-Adrenozeptor-Agonist wie SABA und Formoterol ist, die bereits 1 bis 3 Minuten nach Inhalation wirken. Daher sind Salmeterol und die Fluticason/Salmeterol-Fixkombination nur für die Erhaltungstherapie geeignet.
Die Autoren geben an, keine Interessenkonflikte zu haben.