Venöse thromboembolische Ereignisse unter kombinierten hormonalen Kontrazeptiva

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 2/2023

Kurzmeldungen aus der Pharmakovigilanz

Nebenwirkungen aktuell

Der Fall

Eine 19-jährige Frau (160 cm, 68 kg) nahm zur Verhütung ein kombiniertes hormonales Kontrazeptivum ein. Darüber hinaus nahm sie wegen Heuschnupfen Cetirizin bei Bedarf ein. Das angewendete Kontrazeptivum enthielt neben Ethinylestradiol den Wirkstoff Dienogest. Nach drei Monaten entwickelte sie eine Schulter-Armvenen-Thrombose mit kleiner Lungenembolie. Unter Antikoagulation mit Apixaban wurde die hormonelle Kontrazeption zunächst weitergeführt. Geplant war die Umstellung, wenn die orale Antikoagulation beendet wird.

Bewertung

Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva haben bekanntermaßen ein Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse (VTE) wie die Entwicklung tiefer Venenthrombosen oder Lungenembolien (1). Das Risiko unterscheidet sich jedoch in Abhängigkeit vom jeweiligen Gestagen: Levonorgestrel, Norethisteron und Norgestimat sind mit dem geringsten VTE-Risiko verbunden (siehe Tabelle 1). Im ersten Jahr der Anwendung bzw. nach erneutem Beginn nach mindestens vierwöchiger Pause ist das Risiko am höchsten. Das Risiko ist ebenfalls erhöht, wenn weitere Risikofaktoren für VTE vorliegen wie Rauchen, Übergewicht (BMI über 30 kg/m2), Alter ab 35 Jahren, Immobilisierung und genetische Prädisposition (1).

Fazit

Die AkdÄ erhält immer wieder Berichte wie den beschriebenen im Zusammenhang mit kombinierten hormonellen Kontrazeptiva, auch zu solchen mit höherem Risiko für VTE. Einige Fälle verliefen fatal, und in einigen Fällen bestanden VTE-Risikofaktoren. Es sei daher an die Empfehlungen aus dem Rote-Hand-Brief erinnert (1): Es sollten bevorzugt Präparate mit niedrigem VTE-Risiko verordnet und die individuellen Risikofaktoren berücksichtigt werden. Neben dem Risiko für VTE erhöhen kombinierte hormonelle Kontrazeptiva auch das Risiko für arterielle Thromboembolien (ATE) wie Myokard- oder Hirninfarkt. Anwenderinnen sollten über das Risiko und Symptome von VTE und ATE aufgeklärt werden. Hierbei sollte Schulungsmaterial verwendet werden, das z. B. auf der Webseite des BfArM abrufbar ist.

Literatur

  1. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Kombinierte hormonale Kontrazeptiva: Verordnung solcher mit dem niedrigsten Risiko für venöse Thromboembolien, Nutzung des behördlich beauflagten Schulungsmaterials. Rote-Hand-Brief vom 30. September 2021.