Erste „Digitale Wochen der Allgemeinmedizin“ in Niedersachsen und Bremen

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2023

Fortbildungen

Weitere Autoren: Dr. med. Günther Egidi, Bremen; Dr. med. Wolfgang Keske, Göttingen; PD Dr. med. Guido Schmiemann, Verden; Dr. med. Bettina Engel, Hannover

Zusammenfassung

Pandemiebedingt konnten die 2020 geplanten „Tage der Allgemeinmedizin“ in Göttingen, Hannover und Oldenburg sowie der Bremer Hausärztetag nicht wie gewohnt als Präsenzveranstaltung stattfinden. Auch Fortbildungen des Hausärzteverbandes (HÄV) wurden abgesagt. Deshalb haben alle vier Standorte gemeinsam mit dem HÄV ein alternatives Konzept entwickelt und stattdessen „Digitale Wochen der Allgemeinmedizin (WdA)“ länderübergreifend für Niedersachsen und Bremen an fünf Nachmittagen im November/Dezember 2020 angeboten. Dabei wurde seitens der Veranstalter Neuland betreten, aber auch für viele der Teilnehmenden – Hausärztinnen, Hausärzte und Medizinische Fachangestellte – waren die Formate ungewohnt. Die Resonanz war ausgesprochen positiv. Im Folgenden werden Konzept und Evaluationsergebnisse vorgestellt sowie ein Ausblick auf 2021 gewagt.

Hintergrund

Aufgrund der COVID-19-Pandemie konnten die 2020 geplanten „Tage der Allgemeinmedizin“ in Göttingen, Hannover und Oldenburg sowie der Bremer Hausärztetag nicht wie gewohnt als Präsenzveranstaltung stattfinden. Auch Kurse zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) konnten nicht durchgeführt werden. Daher haben sich die drei niedersächsischen Lehrstühle für Allgemeinmedizin zusammen mit niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzten ein alternatives Konzept überlegt, um trotz alledem ein universitär gestütztes, pharmaindustriefreies Fortbildungsangebot für die Allgemeinmedizin anzubieten.

Auf dem Programm der überregionalen, digitalen Fortbildungsveranstaltung standen aktuelle Themen, die im Umgang mit Patientinnen und Patienten und in der täglichen Arbeit in der Hausarztpraxis eine Rolle spielen.

Die Veranstaltungen fanden innerhalb von drei Wochen jeweils mittwochs und freitags als Online-Vorträge bzw. Seminare statt. Inhaltlich standen an den verschiedenen Tagen jeweils unterschiedliche Zielgruppen im Mittelpunkt (Hausärzte, Team, Medizinische Fachangestellte, Ärzte in Weiterbildung (ÄiW) bzw. Weiterbilder).

Im Rahmen eines Kompaktkurses zur hausarztzentrierten Versorgung wurde ein Blended-Learning-Konzept entwickelt: Podcasts zu verschiedenen Themen sowie zu den DMP wurden erstellt und zum Download zur Verfügung gestellt. Diese waren die Voraussetzung für die Teilnahme an den Workshops während der WdA-Tage.

Akzeptanz

Die Resonanz der Hausärztinnen und Hausärzte aus Niedersachsen und Bremen war durchweg gut. Teilgenommen haben 296 Ärztinnen und Ärzte, darunter 60 ÄiW. Vergleicht man die Anmeldungen mit den Teilnahmelisten vergangener Jahre, so fällt jedoch auf, dass viele dieser Ärztinnen und Ärzte vorher nicht an den Tagen der Allgemeinmedizin an den Hochschulstandorten teilgenommen hatten. Viele waren aus der Peripherie. Dies wurde auch in einer Reihe von Rückmeldungen an das Organisationsteam betont: „Nach Göttingen wäre ich nicht gefahren hier vom Harzrand, aber so war das wunderbar möglich!“

Evaluationsergebnisse

Die Veranstaltungen der Wochen der Allgemeinmedizin wurden insgesamt gut bis sehr gut bewertet (ø Note 1,7). Bei zwei Vorträgen war die Bewertung, inwieweit dies sich auf die praktische Arbeit übertragen lässt, verhalten: einmal der Eröffnungsvortrag zum Thema „Klima & Gesundheit“, zum anderen ein Vortrag am letzten Tag, bei dem die Weiterbildung im Zentrum stand: Er befasste sich mit dem didaktischen Konzept der „Anvertraubaren Professionellen Tätigkeiten“ (APT): „Reif für die Praxis?“. Ersterer wurde mit 2,8, letzterer mit 3,2 bewertet. Zusätzlich haben wir auch nach der Bewertung der Online-Umsetzung gefragt. Diese durchweg positiven Ergebnisse machen uns Mut: Die meisten der Teilnehmenden waren sehr angetan von Angebot und Umsetzung (1,4 bis 1,6), obwohl technisch nicht immer alles glatt lief. Dennoch halten fast alle Teilnehmenden die digitalen Formate für eine sinnvolle Ergänzung zu Präsenzveranstaltungen, auch in Zukunft.

Evaluation der DMP-Seminare und des Kompaktkurses mit Podcasts im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung

Die DMP-Seminare während der Wochen der Allgemeinmedizin waren Teil eines Kompaktkurses im Rahmen der Fortbildungsverpflichtungen für die Hausarztzentrierte Versorgung in Niedersachsen. Im Vorlauf waren zu allen drei DMP-Themen Podcasts zur Verfügung gestellt worden, die man sich in einer universitären passwortgeschützten Cloud herunterladen und anhören konnte. Der Podcast zum DMP Diabetes bspw. war 75 Minuten lang und befasste sich inhaltlich mit der neuen Nationalen Versorgungsleitlinie. Die Podcasts zu Asthma/COPD und KHK waren 90 bzw. 50 Minuten lang und fassten Therapiestandards und Neuerungen zusammen. Im interaktiven DMP-Seminar wurden dann in den Regionalgruppen verschiedene Fälle diskutiert – blieben Fragen offen, standen die jeweiligen Referenten im Anschluss im Plenum zur Verfügung.

Die Umsetzung im Online-Format wurde auch bei diesem deutlich aufwändigeren Format von den Teilnehmenden sehr positiv bewertet (1,5 bis 1,8). Auch in Zukunft sehen diejenigen, die die Bögen ausgefüllt haben, in dieser Form der Fortbildung eine sinnvolle Ergänzung zu Präsenzformaten (1,7).

Blended-Learning und CME-Punkte

Bei Fortbildungen mit Podcasts ist seitens der Ärztekammer Niedersachsen für die CME-eine anschließende Lernerfolgskontrolle erforderlich. Diese erfolgte mit „Flexitool®“, einem kostenfreien Onlinequiz. So konnten die Teilnehmenden ihren Wissensstand selbst überprüfen und mittels Selbstevaluation auf Vertrauensbasis in Evasys® eintragen. Durch die Verknüpfung mit der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) konnte dies der Kammer gemeldet werden.

Ausblick

Vorläufer der institutionenübergreifenden Zusammenarbeit bei der Vorbereitung und Durchführung des beschriebenen Fortbildungsformates ist die Zusammenarbeit im Kompetenzzentrum zur Förderung der Weiterbildung Allgemeinmedizin Niedersachsen (KANN), im Kompetenzzentrum Weiterbildung. Dies bildete die Basis für die hier erfolgte enge Abstimmung zwischen den vier Standorten. Für die Zukunft ist ein modulares Konzept denkbar, das übers Jahr verteilt vier Fortbildungstage anbietet, bei deren Vorbereitung und Durchführung sich die Standorte abwechseln und das jeweilige Fortbildungsangebot trotzdem Teilnehmenden aus ganz Niedersachsen sowie Bremen zur Verfügung stellen.

Interessenkonflikte

Der Autoren geben an, keine Interessenkonflikte zu haben.