Churg-Strauss-Syndrom unter Dupilumab

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2023

Fallberichte

Der AkdÄ wurde der Fall eines Patienten gemeldet, der unter langjähriger Steroidtherapie und Nasenpolypen eine duale Biologikatherapie zunächst mit Benralizumab und später auch mit Dupilumab erhielt. Die bestehende Therapie mit oralen Kortikosteroiden wurde sukzessive reduziert. Hierunter kam es klinisch zu dem Krankheitsbild einer eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (früher: Churg-Strauss-Syndrom).

Arzneimittel

Dupilumab (Dupixent®) ist ein rekombinanter, humaner, monoklonaler IgG4-Antikörper, der spezifisch gegen die an Typ-I- und -II-Rezeptoren vorkommende Interleukin (IL)-4Rα-Untereinheit auf Immunzellen wie B- oder T-Zellen gerichtet ist. Dupilumab hemmt die über IL-4 und IL-13 ausgelösten Reaktionskaskaden und wirkt dadurch bei Erkrankungen, deren Pathophysiologie auf einer überaktiven IL-4- und IL-13-Signalübertragung beruhen, antiphlogistisch und immunsuppressiv. Dupixent® ist zugelassen zur Behandlung der atopischen Dermatitis und Asthma bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab sechs Jahre (1).

Krankheitsbild

Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) ist eine seltene Autoimmunvaskulitis, die durch eine nekrotisierende granulomatöse Entzündung der kleinen und mittelgroßen Blutgefäße charakterisiert ist. Die Schädigung ist IgE-vermittelt und manifestiert sich zunächst an den Atemwegen. EGPA ist mit allergischem Asthma und einer Eosinophilie assoziiert und wurde ursprünglich als Churg-Strauss-Syndrom bezeichnet, nach den US-amerikanischen Pathologen Jakob Churg und Lotte Strauss. Die EGPA gehört zusammen mit der Granulomatose mit Polyangiitis (früher: Morbus Wegener) und der mikroskopischen Polyangiitis zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden der kleinen Gefäße (2).

Die Ätiologie der EGPA ist nicht vollständig geklärt. In der Regel sind mittelalte Erwachsene davon betroffen, wobei Frauen etwas öfter als Männer erkranken. Der Verlauf der Erkrankung ist mehrphasig und beginnt in den meisten Fällen mit einer nicht vaskulitischen Prodromalphase mit chronischen Erkrankungen der Atemwege wie z. B. Rhinitis, Sinusitis, Asthma bronchiale. Die zweite Krankheitsphase ist durch eine Blut- und Gewebeeosinophilie geprägt. Zur Systemerkrankung kommt es jedoch erst durch die Vaskulitis der kleinen Blutgefäße, die mit einer Hypereosinophilie und extravaskulären Granulomen einhergeht. Die EGPA kann alle Organe betreffen und äußert sich im Gastrointestinaltrakt in Form von Diarrhöen, Erbrechen und Koliken, am Herzen als tachykarde Arrhythmien oder Myokarditis und in der Haut als Purpura mit subkutaner Knotenbildung (2).

Bewertung der Kausalität

In der Fachinformation von Dupixent® ist die EGPA als mögliche Nebenwirkung präzise beschrieben. Bei Erwachsenen, die im Rahmen des Entwicklungsprogramms für Asthma mit Dupilumab behandelt wurden, wurden Fälle von eosinophiler Pneumonie sowie Vaskulitis, die mit einer EGPA im Einklang stehen, berichtet. Fälle von Vaskulitis, die mit einer EGPA im Einklang stehen, wurden auch im Rahmen des Entwicklungsprogramms für chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen unter Dupilumab und Placebo bei erwachsenen Patienten mit komorbidem Asthma berichtet. Bei Patienten mit Eosinophilie sollten Ärzte daher besonders auf das Auftreten von vaskulitischem Hautausschlag, einer Verschlechterung der Lungensymptomatik, Herzkomplikationen und/oder Neuropathie achten. Patienten, die aufgrund ihrer Asthmaerkrankung behandelt werden, können mit schwerwiegender systemischer Eosinophilie und manchmal mit klinischen Merkmalen einer eosinophilen Pneumonie oder Vaskulitis, die mit einer EGPA im Einklang steht, vorstellig werden. Diese Erkrankungen werden häufig systemisch mit Kortikosteroiden behandelt und das Auftreten dieser Ereignisse kann in der Regel, aber nicht immer, mit der Reduzierung der oralen Kortikosteroidbehandlung in Zusammenhang gebracht werden. Nach Abklingen der Symptome kann ein Reexpositionsversuch unter Steroiden unternommen werden, wenn die EGPA gut beherrschbar war.

In der EudraVigilance-Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen (3) finden sich zum 14.02.2023 zwei Meldungen zu eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis unter Dupilumab wieder sowie 26 Meldungen zu Vaskulitis. Zu Gefäßerkrankungen sind insgesamt 801 Meldungen erfasst. Grundsätzlich lassen diese Zahlen keine Aussage über die tatsächliche Inzidenz der jeweiligen Nebenwirkung zu. Diese Meldungen sind keine bestätigten Nebenwirkungen und kein Beweis dafür, dass eine Reaktion tatsächlich aufgrund des Arzneimittels aufgetreten ist. Auch ist es ohne eine vertiefende Analyse unklar, ob in allen gemeldeten Fällen ein zumindest theoretisch möglicher zeitlicher bzw. kausaler Zusammenhang mit Dupilumab bestand.

Im vorliegenden Fall erscheint die Kausalität der Nebenwirkung mit Dupilumab als wahrscheinlich.

Fazit für die Praxis

Bei Patienten, die mit Dupilumab behandelt werden, sollten Ärzte besonders auf das Auftreten von vaskulitischem Hautausschlag, einer Verschlechterung der Lungensymptomatik, Herzkomplikationen und/oder Neuropathie achten.

Literatur

  1. Sanofi Winthrop Industrie: Fachinformation Dupixent® 300 mg. Stand: September 2022.
  2. Herold G (Hrsg.): Innere Medizin 2023. Köln: Dr. Gerd Herold (Verlag), 2022.
  3. Europäische Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen: https://www.adrreports.eu/de/index.html. Letzter Zugriff. 14. Februar 2023.

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, keine Interessenkonflikte zu haben.