Antihypertensive Fixkombination: Nachlese

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 4/2022

Kommentare

Wir freuen uns, dass unser Artikel aus AVP 1–2 /2022 zur antihypertensiven Kombinationstherapie (1) in der Medical Tribune vom 30. September 2022 ausführlich zitiert wird (2).

In einem Kommentar (3) wird dennoch die initiale antihypertensive Fixkombination favorisiert. Darin wird bemängelt, dass eine Studie aus dem Pathway-Programm nicht in unsere Bewertung einbezogen wurde. Offensichtlich ist hiermit die Pathway-1-Studie gemeint (4). In dieser doppelblinden Studie wurden 605 Patienten entweder auf eine kombinierte antihypertensive Therapie oder eine Monotherapie mit konsekutiver Aufdosierung und Kombination randomisiert. Der primäre Endpunkt war hier allerdings nur die mittlere Blutdrucksenkung und nicht klinische relevante, „harte“ Endpunkte wie z. B. kardiovaskuläre Mortalität. Gerade das Fehlen harter Endpunkte in solchen Studien wurde ja von uns bemängelt. Unstrittig ist, dass der Blutdruck mit einer Tablettenkombination schneller zu senken ist. Strittig bleibt, ob das einen klinisch relevanten Vorteil für die Patienten in Bezug auf harte Endpunkte bringt.

Eine weitere Studie mit „Real-World“-Daten wird angeführt (5). Dabei handelt es sich um eine retrospektive Analyse von Krankenkassendaten: Eine Kohorte von 29.668 Patienten mit einer Kombinationstherapie verschiedener Antihypertensiva oder einer Fixkombination derselben Antihypertensiva wurde gematcht. Der zusammengesetzte Endpunkt „Tod gleich welcher Ursache und Krankenhausaufnahmen jeglicher Ursache“ war dabei in der Fixkombinationsgruppe in fünf von sieben Analysen seltener. Erstaunlicherweise war die Rate stationärer Aufnahmen aus kardiovaskulärer Ursache oder von Schlaganfällen aber nur in drei von sieben Fällen signifikant unterschiedlich (Tabelle 3). Außerdem sind solche nachträglichen Analysen nur hypothesenbegründend aber nie beweisend, da nicht  sicher davon ausgegangen werden kann, dass alle Bedingungen, die die Ergebnisse verzerren könnten, ausreichend berücksichtigt wurden.

Fazit

Wir bleiben bei unserer Meinung: Bis zum definitiven, evidenzbasierten Nachweis, dass klinisch relevante, harte Endpunkte in randomisierten, verblindeten Studien einen bedeutsamen Vorteil für unsere Patienten belegen, sollte eine stufenweise Kombination antihypertensiver Medikamente der Regelfall sein und die initiale Fixkombination Sonderfällen vorbehalten bleiben.

Literatur

  1. Zieschang M: Antihypertensive Fixkombination zur Initialtherapie – keine gut begründete Empfehlung. Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) 2022; 49: 9-12. Verfügbar unter: https://www.akdae.de/arzneimitteltherapie/arzneiverordnung-in-der-praxis/ausgaben-archiv/ausgaben-ab-2015/ausgabe/artikel/2022/2022-1-2/antihypertensive-fixkombination-zur-initialtherapie-keine-gut-begrundete-empfehlung-1.
  1. Gehrken S: Doch nicht so fix? Initiale Kombinationstherapie bei Hypertonie in der Kritik. Medical Tribune 2022; 57. Jahrgang Nr. 39/40, 2832 vom 30. September 2022: 1, 17.
  1. Dörr O: Mortalitätsvorteil durch Single Pill. Medical Tribune 2022; 57. Jahrgang Nr. 39/40, 2832 vom 30. September 2022: 17.
  1. MacDonald TM, Williams B, Webb DJ et al.: Combination therapy is superior to sequential monotherapy for the initial treatment of hypertension: a double-blind randomized controlled trial. J Am Heart Assoc 2017; 6: e006986.
  1. Wilke T, Weisser B, Predel HG et al.: Effects of single pill combinations compared to identical multi pill therapy on outcomes in hypertension, dyslipidemia and secondary cardiovascular prevention: The START-study. Integr Blood Press Control 2022; 15: 11-21.

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, keine Interessenkonflikte zu haben.