Paxlovid™ für alle?

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 4/2022

Editorial

“Bei COVID-19: PaxlovidTM”. Das ist die Überschrift eines „Informationsblattes“ (1) für Apothekerinnen und Apotheker, welches als Beilage in Fachmedien zu finden ist. Erst weiter unten wird in deutlich kleinerer Schrift erläutert, dass diese Maxime nur für Personen mit einem positiven Corona-Test und hohem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf gelten soll. Auf der nächsten Seite wird dann aufgelistet, wer nach der Fachinformation von Paxlovid™ alles dazu gehören könnte: alle Patienten über 60 Jahre, unabhängig von Begleiterkrankungen; Raucher; Übergewichtige (BMI > 25); Diabetiker usw. Ähnliche „Informationsblätter“ insbesondere auch zur Bevorratung und Abgabe von Paxlovid™ durch Ärztinnen und Ärzte findet man auf der Homepage des Zulassungsinhabers (2). Besonders brisant: eine plakative Wartezimmerkarte für Patientinnen und Patienten mit der Überschrift „Positiver Corona-Test – Was können Sie tun?“, in der es heißt: „Auch wenn Ihre Symptome mild erscheinen, sollten Sie diese ernst nehmen. Der Verlauf einer Corona-Erkrankung ist nicht vorhersehbar. […] Glücklicherweise gibt es inzwischen auch virushemmende Medikamente, die den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen können.“

Aber gerade die genannten Patientinnen und Patienten, die besonders von der Gabe profitieren sollen, erhalten oft viele Medikamente mit denen Paxlovid™ (Nirmatrelvir/Ritonavir) wechselwirken kann. Patienten, die keine Medikamente mit Interaktionspotenzial einnehmen, profitieren, wenn überhaupt, nur sehr viel seltener von der Gabe der Kombination Nirmatrelvir/Ritonavir. Wie soll man diese Problematik in einer vollen Hausarztpraxis eingehend mit den Patienten besprechen und Risiken und Nutzen in der Kürze der Zeit gegeneinander abwägen? Prof. Mühlbauer diskutiert diese Problematik kritisch in seinem Artikel „Paxlovid™-Probleme im praktischen Einsatz“.

Ein weiterer Artikel widmet sich dem Rebound-Phänomen nach Einnahme von Paxlovid™: Hat man eine COVID-19-Infektion mit Paxlovid™ abgemildert oder gar verhindert, kann es einige Tage nach Absetzen zu einem Wiederaufflammen der Infektion kommen. Dies kann nicht nur eine Bedeutung für die Erkrankung des Patienten selber, sondern auch für die Weiterverbreitung der Infektion haben. Ist ein Rebound-Phänomen nach Einnahme von Paxlovid™ wirklich häufiger als nach der Erkrankung selber? Was könnten mögliche Ursachen für diese Phänomen sein, was für Lösungsansätze bestehen?

Schließlich werden Einnahmefehler bei der Einnahme des Medikaments berichtet. Die Einnahme ist nicht ganz unkompliziert und 2 x täglich oder 1–0–1 als Vorschrift in der Kurve trifft nicht genau die Wirklichkeit: 2 Tabletten Nirmatrelvir morgens und 2 abends sowie je 1 Tablette Ritonavir morgens und abends sollen eingenommen werden. Das Nirmatrelvir wird in der Fachinformation und auf dem Blister von Paxlovid™ als „PF-07321332“ bezeichnet, der zum Zeitpunkt der Zulassung gültige Wirkstoffname. Obwohl der Aufdruck in der Schachtel eindeutige Anweisungen zur Einnahme gibt, scheinen diese Umstände doch gelegentlich zu einer verminderten Dosierung zu führen.

Wir sind immer auf der Suche nach spannenden Themen und Artikeln. Unabhängig und transparent beschäftigen wir uns mit neuen Arzneimitteln oder neuen Indikationen unter dem Motto: Was ist bei der Arzneimitteltherapie für die niedergelassene Ärztin / den niedergelassenen Arzt interessant und wichtig zu wissen? Worauf muss besonders geachtet werden? Aber auch für Krankenhausärztinnen und -ärzte wollen wir spannend bleiben und führen eine neue Rubrik ein: „Krankenhaus aktuell“, um explizit über aktuelle Themen und Probleme von Arzneiverordnungen im Klinikalltag, zu berichten. Sollte Ihnen eine wichtige Frage für diese Rubrik am Herzen liegen: Themenvorschläge sind uns jederzeit willkommen.

Literatur

  1. Bei Covid: Paxlovid TM. Pfizer 2022 Informationsblatt für Apothekerinnen und Apotheker. Beilage in der Deutschen Apothekerzeitung im November 2022.
  2. https://www.pfizerpro.de/inhaltsuebersicht/materialien. Zugriff mit DocCheck-Kennung. Letzter Zugriff: 1. Dezember 2022.

Interessenkonflikte

Der Autor erklärt, keine Interessenkonflikte zu haben.