Nachruf Professor Dr. med. Ulrich Schwabe
Herr Professor Dr. med. Ulrich Schwabe ist am 28. Februar 2021 im Alter von 85 Jahren in Heidelberg verstorben.
Wir verlieren mit ihm ein die Arbeit der AkdÄ jahrzehntelang prägendes und hochgeachtetes Mitglied.
Seit 1981 war Prof. Schwabe Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (seit 1994 ordentliches Mitglied der AkdÄ), für deren Belange er sich kontinuierlich auf verschiedenen Gebieten engagierte und der er stets eng verbunden war.
Der Pharmakologe Prof. Schwabe war sowohl Experte in der experimentellen Grundlagenforschung als auch in der anwendungsbezogenen Forschung zur Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Arzneimitteltherapie.
Mit dem seit 1985 jährlich erscheinenden Arzneiverordnungs-Report hat Prof. Schwabe ein einmaliges Werk geschaffen und kontinuierlich angepasst: Berichtet wird unabhängig und ausführlich über die ärztlichen und zahnärztlichen Arzneiverordnungen in Deutschland. Damit trägt es zur Transparenz des Arzneimittelmarktes, zur Bewertung von Medikamenten sowie zu einer zweckmäßigen, sicheren, evidenzbasierten und wirtschaftlichen Arzneitherapie bei.
Um das Verordnungsgeschehen aus ökonomischer Perspektive zu beleuchten, zeigt der Report die Zusammenhänge und Hintergründe zur Ausgabenentwicklung bei Arzneimitteln auf. Ausgewertet werden die Rezepte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgewertet. So entfallen auf die 3000 führenden Medikamente des deutschen Arzneimittelmarktes, die im Arzneiverordnungs-Report vorgestellt werden, jeweils über 95 Prozent aller Nettokosten und Verordnungen. Das stets kollegiale und verbindende Vorgehen von Prof. Schwabe findet sich im AVR wieder: So bringen sich die Autoren mit ihren eigenen speziellen klinischen Erfahrungen kritisch ein.
Seine Begeisterung für die Weitergabe der Grundlagen einer rationalen Arzneimitteltherapie haben junge angehende Ärztinnen und Ärzte in der ärztlichen Ausbildung ebenso gespürt wie Medizinergenerationen die praktische Vermittlung klinisch-pharmakologischen Wissens zu neuen Arzneimitteln in der ärztlichen Fortbildung.
Wir haben einen pharmakologischen Gelehrten, Grundlagenforscher, Lehrer, Kollegen und kritischen Gesprächspartner, der seinem Gegenüber stets Wertschätzung entgegenbrachte, verloren.
In Gedanken sind wir bei seiner Frau und seinen drei erwachsenen Kindern.
Vorstand der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
Redaktionskollegium der AVP
Prof. Dr. med. Ulrich Schwabe (1935–2021)
Prof. Dr. med. Ulrich Schwabe wurde am 19. Juli 1935 in Göttingen geboren.
1954 legte er am Hölty-Gymnasium in Wunstorf die Reifeprüfung ab. Anschließend studierte er in Göttingen und Wien Medizin.
1959 wurde er mit der bei Ludwig Lendle (1899–1969) am Pharmakologischen Institut der Georg-August-Universität Göttingen angefertigten Dissertation „Freisetzung von 5-Hydroxytryptamin (Serotonin) aus verschiedenen Geweben des Meerschweinchens im akuten und protrahierten anaphylaktischen Schock“ zum Dr. med. promoviert.
1961 erhielt er seine Approbation als Arzt.
1966 habilitierte er sich für das Fachgebiet Pharmakologie und Toxikologie mit der Arbeit „Hemmung der Fettsäuremobilisation durch 3,5-Dimethylisoxazol und seine Wirkung auf den Stoffwechsel der Fettsäuren“.
1968 wechselte er an das von Erik Westermann (1923–1978) geleitete Pharmakologische Institut der Medizinischen Hochschule Hannover.
1975 bis 1976 führte ihn ein Forschungsaufenthalt zu der Arbeitsgruppe von John William Daly (1933–2008) an den National Institutes of Health in Bethesda im US-amerikanischen Bundesstaat Maryland.
1979 wurde er Nachfolger von Robert Domenjoz (1908–2000) auf dem Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
1983 folgte Schwabe einem Ruf als Nachfolger von Franz Gross auf den Pharmakologie-Lehrstuhl der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Sein Nachfolger in Bonn wurde Manfred Göthert.
1992 wurde das Heidelberger Institut in drei Abteilungen aufgeteilt, eine „Abteilung für Allgemeine Pharmakologie“, die Schwabe übernahm, eine „Abteilung für Pharmazeutische Pharmakologie“ und eine „Abteilung für Molekulare Pharmakologie“.
2003 wurde Prof. Schwabe emeritiert.
Von der Gründung 1977 bis zur Auflösung 1992 war Prof. Schwabe Mitglied der „Transparenzkommission“ beim Bundesgesundheitsamt, die den Arzneimittelmarkt pharmakologisch-therapeutisch und preislich transparent machen sollte.
1992 bis 1995 und 2000 bis 2003 war er Vorsitzender des „Instituts für die Arzneimittelverordnung in der Gesetzlichen Krankenversicherung“, an dessen Stelle 2004 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) trat.
Um 1980 schlug der Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) Schwabe vor, gemeinsam mit dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) einen Arzneimittelindex zu erarbeiten, in dem die ärztlichen Arzneiverordnungen zu Lasten der Krankenkassen der Gesetzlichen Krankenversicherung nach Umfang und pharmakologisch-therapeutischer Struktur erfasst werden sollten.
Erstmals für 1984 wurden die Daten jahrweise ausgewertet und als „Arzneiverordnungs-Report“ veröffentlicht. Seitdem ist der „Arzneiverordnungs-Report“ jährlich erschienen. Von 216 Seiten in der 1. Ausgabe von 1985 (Auswertung des Jahres 1984) ist der Report auf 1289 Seiten in der 30. Ausgabe von 2014 (Auswertung des Jahres 2013) gewachsen. Es handelt sich um eine Vollerhebung nach Indikationsgruppen. In der 30. Auflage sind 45 Gruppen enthalten, das Buch zeichnet sich dadurch aus, dass die Indikationsgruppen und einzelnen Wirkstoffe pharmakologisch-therapeutisch kommentiert werden, dies unter der Federführung von Prof. Schwabe. Der „Arzneiverordnungs-Report 2020“ erschien im August 2020 (Hrsg. Schwabe, Ludwig).
Am 12. Januar 2005 erhielt Prof. Schwabe das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Prof. Schwabe war seit 1981 Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (seit 1994 ordentliches Mitglied der AkdÄ), für deren Belange er sich kontinuierlich auf verschiedenen Gebieten engagierte und der er stets verbunden war.
Für seine Verdienste um die ärztliche Fortbildung wurde Prof. Dr. med. Ulrich Schwabe am 19. Juli 2015 mit der Ernst-von-Bergmann-Plakette der Bundesärztekammer geehrt.
Prof. Schwabe ist am 28. Februar 2021 in Heidelberg verstorben.
vorab online
Dieser Artikel wurde am 18. März 2021 vorab online veröffentlicht.