Herstellung von Arzneimitteln in der ärztlichen Praxis: Auslegungshilfe zur Überwachung der erlaubnisfreien Herstellung nach § 13 (2b) AMG

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2019

Manufacture of medicinal products in the physician´s practice: guidance for the supervision of the authorisation-free manufacture of medicinal products according to § 13 (2b) Medicinal Products Act

Autoren

Zusammenfassung

Ärzte dürfen ohne eine Herstellungserlaubnis Arzneimittel in ihrer Praxis zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten herstellen. Diese Tätigkeit muss allerdings der zuständigen Überwachungsbehörde angezeigt werden. In diesem Artikel beschreiben wir den rechtlichen Rahmen sowie die Überwachung dieser Tätigkeit aufgrund der aktuell veröffentlichten Auslegungshilfe zur Überwachung der erlaubnisfreien Herstellung.

Abstract

Physicians are allowed to manufacture medicinal products in their practice for the purpose of personal application to a particular patient. However, this must be declared to the competent supervisory authority. In this article, we describe the legal framework as well as the supervision of this practice based on the currently published guidance for the supervision of the authorisation-free manufacture of medicinal products.

Rechtlicher Rahmen

Bis 2009 konnten Ärzte sowie andere zur Ausübung der Heilkunde befugte Personen (Heilpraktiker) Arzneimittel herstellen und persönlich anwenden, soweit dies unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung erfolgte, ohne dass diese Arzneimittelherstellung den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) unterlag. Die 15. Novelle zur Anpassung des AMG hat 2009 diese Rechtslage – nach der Gesetzesbegründung aus Gründen der Arzneimittelsicherheit – maßgeblich geändert (2).

Ärzte und Heilpraktiker bedürfen daher nach aktueller Rechtslage grundsätzlich weiterhin keiner Herstellungserlaubnis, solange sie Arzneimittel zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten herstellen (§ 13 Abs. 2b AMG). Diese Ausnahme gilt allerdings nicht für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP; u. a. Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika bzw. biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte) und xenogene Arzneimittel (zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten). Auch die Herstellung von Arzneimitteln, die zur klinischen Prüfung bestimmt sind, ist nicht erlaubnisfrei, es sei denn, es handelt sich nur um eine Rekonstitution (Definition: siehe Kasten „Gesetzlicher Rahmen“).

Abbildung 1: Gesetzlicher Rahmen: Arzneimittel-Gesetz (AMG)


Die erlaubnisfrei herzustellenden Arzneimittel sind allerdings nach § 67 AMG mit ihrer Bezeichnung und Zusammensetzung durch den herstellenden Arzt bzw. Heilpraktiker der zuständigen Überwachungsbehörde anzuzeigen. Die Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln – und damit auch die Überwachung der Herstellung von Arzneimitteln in der ärztlichen Praxis – obliegt den zuständigen Behörden der Länder gemäß § 64 Abs. 3 AMG (zuständige Behörden und weitere Informationen unter: www.zlg.de). Die Anwendung von Arzneimitteln ist nicht Gegenstand der Überwachung nach § 64 AMG.

Eine erlaubnisfreie Herstellung ist auch gemäß § 20d AMG für Ärzte vorgesehen, die Gewebe oder Gewebezubereitungen persönlich bei einem Patienten anwenden. Für die Gewinnung von Gewebe oder die für die Gewinnung erforderlichen Laboruntersuchungen (§ 20b AMG) sowie für die Be- und Verarbeitung, Konservierung, Prüfung, Lagerung oder das Inverkehrbringen von Geweben oder Gewebezubereitungen (§ 20c AMG) ist ergänzend zur Anzeige nach § 67 AMG ein Antrag auf Herstellungserlaubnis zu stellen.

Was ist eine Herstellung von Arzneimitteln?

Die Herstellung von Arzneimitteln ist im § 4 Abs. 14 AMG definiert. Danach ist Herstellen „das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe“ eines Arzneimittels.

Ein Beispiel für eine Herstellung ist, wenn verschiedene Arzneimittel bzw. Fertigarzneimittel vor der Anwendung gemischt werden (Herstellung von Mischinjektionen und Mischinfusionen). Damit ist das Mischen von Arzneimitteln/Fertigarzneimitteln – z. B. die Herstellung von Mischungen schmerzlindernder und/oder entzündungshemmender Medikamente zur Schmerztherapie – eine Arzneimittelherstellung nach § 13 Abs. 2b AMG und damit anzeigepflichtig. Weitere Beispiele für Arzneimittelherstellung sind u. a. die Mischung von Glukose- und Aminosäuren-Infusionslösung zur parenteralen Ernährung, die Herstellung einer Lösung zum oralen Glukosetoleranztest, die Aufbereitung von Eigenblutinjektionen und das Zubereiten von Testallergenen für die Epikutantestung.

Hiervon als Sonderfall abzugrenzen ist die Rekonstitution. Die Rekonstitution eines Fertigarzneimittels, also eines Arzneimittels, das im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht wurde (§ 14 Abs. 1 AMG), ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans (§ 4 Abs. 31 AMG). Ein Beispiel für Rekonstitution – und gleichzeitig für einen einfachen Herstellungsprozess – ist das Auflösen von Lyophilisaten und Pulvern z. B. beim Gebrauchsfertigmachen von Impfstoffen.

Die Rekonstitution ist nicht anzeigepflichtig (§ 13 Abs. 1a AMG) (2;3). Die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) führt in einem Votum zur erlaubnisfreien Herstellung von Arzneimitteln aus, dass in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt, ob das Lösungsmittel für die Rekonstitution dem Fertigarzneimittel beigepackt ist oder nicht. Die Rekonstitution muss jedoch den Angaben in der Packungsbeilage entsprechen (3).

Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln

Die Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln – und damit auch die Überwachung der Herstellung von Arzneimitteln in der ärztlichen Praxis – obliegt den zuständigen Behörden der Länder. Im föderalen Überwachungssystem in Deutschland ist die Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG), an dem die Leiter der Gesundheitsabteilungen der Länder und Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit beteiligt sind, das Gremium mit der Aufgabe der fachlichen Beobachtung und Bewertung gesundheitspolitischer Themen. Ihr nachgeordnet sind Arbeitsgruppen wie u. a. die Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen (AG AATB), die 2017 eine Auslegungshilfe zur Überwachung der erlaubnisfreien Herstellung nach § 13 (2b) AMG erarbeitet hat.

Bereits Ende der 1990er Jahre wurden durch die AG AATB Expertenfachgruppen gegründet, um reine Fachberatungen der Überwachungsbeamtinnen und -beamten zu ermöglichen. In Folge der Änderungen des AMG im Jahr 2009 wurden unter Einbeziehung mehrerer solcher Expertenfachgruppen ein Frage- und Antwortenpapier zu den Überwachungsschwerpunkten sowie ein Votum mit den allgemeinen Anforderungen verabschiedet. Im Dezember 2017 legte die AG AATB dann einen Leitlinienentwurf mit Anforderungen an die erlaubnisfreie Herstellung steriler Arzneimittel, insbesondere Parenteralia, mit dem Ziel vor, eine bundeseinheitliche Grundlage für die Überwachung der erlaubnisfreien Herstellung nach § 13 Abs. 2b AMG zu schaffen.

Die Bundesärztekammer, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker ADKA e. V. sprachen sich in ihren Stellungnahmen gegen diesen Entwurf aus. Der Entwurf und die darin gestellten Anforderungen und Grundsätze wurden als überzogen und nicht angemessen und ihre kurz- und mittelfristige Umsetzung als unrealistisch erachtet (4;5). Die Anforderungen an die erlaubnisfreie Herstellung durch den Arzt gingen zum Teil über die Anforderungen an öffentliche Apotheken hinaus. Der Leitlinienentwurf sah grundlegende Änderungen der Infrastruktur in den ärztlichen Praxen im niedergelassenen Bereich sowie im Krankenhaus vor. Die räumlichen und personellen Vorgaben wurden als enorme finanzielle und organisatorische Herausforderung eingestuft. Es wurden deswegen grundlegende Änderungen des Entwurfs gefordert.

Der Leitlinienentwurf wurde daraufhin von der AG AATB überarbeitet und zu einer Auslegungshilfe für die Überwachung der erlaubnisfreien Herstellung von sterilen Arzneimitteln umformuliert, die insgesamt 35 Seiten lang ist. Die im August 2018 verabschiedete Version soll ausdrücklich als Handlungshilfestellung für Ärzte und Heilpraktiker dienen (verfügbar unter: www.zlg.de → Arzneimittel → Service → Dokumente). Da die Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln den zuständigen Behörden den Länder obliegt, liegt die Umsetzung dieser Auslegungshilfe in der Zuständigkeit der Länder.

Überwachung der erlaubnisfreien Herstellung von sterilen Arzneimitteln

Als grundlegende Basis der erlaubnisfreien Herstellung sieht die Auslegungshilfe vor, dass jeder Arzt oder Heilpraktiker – auf der Grundlage einer schriftlichen Risikobewertung unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben – die für die individuelle Herstellung einschließlich deren Umgebungsbedingungen angemessenen Bedingungen zur Qualitätssicherung festlegen, anwenden und darüber die erforderlichen Nachweise führen soll.

Die Auslegungshilfe listet auch explizit die einschlägigen Regelwerke sowie weitere Empfehlungen, Leitlinien und Qualitätsdokumente der Überwachungsbehörden der Länder auf, die die anerkannten pharmazeutischen Regeln ergänzen. Hierzu zählen insbesondere die Monographien des Europäischen Arzneibuchs sowie auch die 2016 veröffentlichten Resolutionen „Resolution CM/Res(2016)1 on quality and safety assurance requirements for medicinal products prepared in pharmacies for the special needs of patients” und „Resolution CM/Res(2016)2 on good reconstitution practices in health care establishments for medicinal products for parenteral use“, die qualitätssichernde Grundsätze für die Herstellung/Rekonstitution von Arzneimitteln beschreiben. Alle diese sind implizit vom herstellenden Arzt und Heilpraktiker zu kennen.

Zum Risikomanagement gehört laut Auslegungshilfe, die – nicht pauschal festlegbaren – Maßnahmen zur Risikominimierung schriftlich darzustellen und folgende vier Grundsatzfragen zur Risikoidentifizierung heranzuziehen:

  • Welche Fehler können auftreten?
  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass solche Fehler auftreten?
  • Welche Maßnahmen zur frühzeitigen Entdeckung von Fehlern bestehen (Kontrollstrategie)?
  • Was sind die Folgen für den Patienten (Schweregrad)?

Die daraus abgeleiteten Risiken sollen in angemessener Weise auf ein vertretbares Maß verringert oder bestenfalls ausgeschaltet werden. Die Wirksamkeit der zur Risikominimierung getroffenen Maßnahmen ist regelmäßig zu kontrollieren, Abweichungen sind zu überprüfen und gegebenenfalls Folgemaßnahmen zu ergreifen.

Als wichtige Aspekte der Risikobewertung werden Art der Applikation, Dauer der Applikation, Komplexität der Herstellung, Dosierung, Qualität der Ausgangsstoffe oder -materialien, Vulnerabilität des Patienten und die vorhandenen räumlichen Gegebenheiten aufgeführt. Daraus werden drei Risikoklassen – niedrig, mittel, hoch – abgeleitet, an die sich die Vorgaben und Maßnahmen zur Risikominimierung orientieren.

Aufgrund des Risikos, Patienten zu schädigen – z. B. durch Probleme mit der Sterilität der Arzneimittel, ungeeignete Herstellungsbedingungen, Einsatz ungeeigneter Ausgangsstoffe oder fehlerhafte Dosierung – wird die verbindliche Einführung eines Qualitätssystems für die erlaubnisfreie Herstellung nach § 13 Abs. 2b AMG gefordert. In diesem Qualitätssicherungssystem sollen die anzuwendenden anerkannten pharmazeutischen Regeln festgelegt und die Nachvollziehbarkeit der Arzneimittelherstellung für einen bekannten Patienten ermöglicht werden. Je nach Art und Umfang der Herstellungstätigkeiten sollen u. a. Schulung, Zuständigkeiten und Kompetenzen des assistierenden Personals, Anforderungen an Räumlichkeiten und Ausrüstung, Prozess- und Methodenvalidierung, Hygienemaßnahmen, Prüfparameter und deren Akzeptanzkriterien für den Nachweis der Qualität der Ausgangsstoffe (Fertigarzneimittel, Wirkstoff, Hilfsstoff und Primärpackmittel) und des hergestellten Arzneimittels geregelt werden. Zu allen diesen Punkten gibt die Auslegungshilfe konkrete Empfehlungen.

Alle relevanten Herstellungsprozesse von Parenteralia sollen mittels geeigneter Anweisungen beschrieben werden, wobei sich der Detaillierungsgrad nach der Komplexität des Prozesses und den bei der Gefahrenanalyse ermittelten Risiken der Herstellung richten soll. Die Anweisungen sollen auch die erforderlichen Maßnahmen zur Kontrolle des Prozesses und seiner Umgebung beinhalten. Auch die Herstellungsschritte sollen angemessen in Herstellungsprotokollen aufgezeichnet werden, sodass ersichtlich ist, dass bei der Herstellung alle erforderlichen Herstellungsschritte durchgeführt worden sind. Zu diesen Punkten macht die Auslegungshilfe detaillierte Angaben und führt in je einem tabellarischen „Katalog“ Maßnahmen zur Risikominimierung je nach Risikoklasse auf.

Weiterhin werden die Anforderungen an die Prüfung der hergestellten Arzneimittel aufgeführt. So sollen basierend auf der Risikobewertung Art und Umfang von Qualitätskontrolluntersuchungen (Qualitätsprüfungen) schriftlich festgelegt werden. Die Qualitätskontrolle umfasst demnach die Überprüfung des Herstellungsprotokolls mit der Herstellungsanweisung oder mit der Verschreibung; Prüfungen gemäß Europäischem Arzneibuch sowie gegebenfalls eigener Festlegung gemäß Prüfanweisung; Überprüfung der Ergebnisse des regelmäßigen mikrobiologischen Monitorings und Beurteilung und Risikobewertung der gegebenfalls aufgetretenen Abweichungen von den Vorgaben. Der Nachweis der Einhaltung der Qualitätsparameter ist vom Arzt oder Heilpraktiker in geeigneter Weise zu führen. Insbesondere ist zu beachten, dass auch die Prüfung von Arzneimitteln einschließlich mikrobiologischer Prüfungen durch externe Prüfeinrichtungen (z. B. Labore) der Anzeigepflicht gem. § 67 AMG unterliegt. Das Prüfergebnis muss aber der Arzt oder Heilpraktiker verantworten.

Als Anhang zur Auslegungshilfe wird ein vierseitiges Muster einer Risikobewertung der Herstellung von Arzneimitteln in Gesundheitseinrichtungen am Beispiel einer Rekonstitution eines klinischen Prüfpräparates oder Mischinfusion mit einer Checkliste dargestellt. Als besondere Beispiele werden Propofol, Lösungen zur totalen parenteralen Ernährung, Insulin, Opiate, monoklonale Antikörper, Pulver, Lyophilisate, Suspensionen und Emulsionen aufgegriffen.

Folgen für die ärztliche Praxis

Grundsätzlich wird die Überwachung der Herstellung von Arzneimitteln in der ärztlichen Praxis von den zuständigen Landesbehörden und teilweise sogar zwischen den einzelnen Behörden im selben Bundesland sehr unterschiedlich gehandhabt. Daher ist der Versuch, die Überwachungspraxis zu vereinheitlichen, begrüßenswert. Es ist davon auszugehen, dass diese Auslegungshilfe von den Überwachungsbehörden bei der Überwachung einbezogen wird. Allerdings ist eine unterschiedliche Auslegung sowie Priorisierung der beschriebenen Maßnahmen durch die 36 Landesbehörden nicht auszuschließen. Das macht es unmöglich, eine genaue Empfehlung für die Ärzteschaft abzugeben.

Primäres Ziel der Auslegungshilfe sollte die Verbesserung der Qualität der Arzneimittelversorgung sein. Für die erfolgreiche Umsetzung der in der Auslegungshilfe enthaltenen Empfehlungen und Vorgaben für die ärztliche Tätigkeit ist es unabdingbar, dass es sich um sinnvolle, praktikable und umsetzbare Anforderungen handelt, die die Sicherstellung der Qualität und der Unbedenklichkeit sowie die Sicherheit der verabreichten Arzneimittel unterstützen. Die aufgestellten Anforderungen dürfen dabei weder die ärztliche Therapiefreiheit einschränken noch unverhältnismäßig sein. Inwieweit dies bei den vorliegenden umfangreichen und detaillierten Vorgaben zum Qualitätsmanagement inklusive Risikomanagement noch gegeben ist, darf angezweifelt werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass nicht erkennbar ist, woraus sich das verbindlich vorgeschriebene pharmazeutische Qualitätssicherungssystem für die erlaubnisfreie Herstellung ableitet. Das AMG sieht jedenfalls ein Qualitätssicherungssystem bei Herstellung nach § 13 Abs. 2b nicht vor. Hinzu kommt, dass auch die Regelungskompetenz bzw. die Zuständigkeit der AG AATB bei allen Fragen z. B. zu Personal, Schulungen, Personalhygiene, Bekleidungsanforderungen, zu Räumen und Einrichtungen, zu Anforderungen an das mikrobiologische Monitoring wie auch zu Anforderungen an Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen und zu Anforderungen an die Dokumentation infrage zu stellen sind.

Insgesamt ist daher die Verhältnismäßigkeit des beschriebenen Maßnahmenkatalogs kritisch zu hinterfragen. Zur erlaubnisfreien Herstellung von Parenteralia durch den Arzt wird ein umfängliches Qualitätssicherungssystem vorausgesetzt und Maßnahmen beschrieben, die sämtliche Teilaspekte abdecken, die für erlaubnispflichtige Herstellungstätigkeiten nach § 13 Abs. 1 AMG vorgeschrieben sind. Die Forderung eines solchen derart umfänglichen Qualitätssicherungssystems erscheint unverhältnismäßig und nicht mit der gesetzlich verankerten erlaubnisfreien Herstellung nach § 13 Abs. 2b AMG vereinbar.

Auch ist fraglich, ob die in der Anlage 1 aufgeführten Beispiele sachgerecht sind. Es ist aber davon auszugehen, dass Mitarbeiter der Überwachungsbehörden genau diese Punkte aufgreifen und als risikobehaftet werten könnten.

Zu begrüßen hingegen ist die Klarstellung in der Auslegungshilfe, dass mit Ausnahme der homöopathischen Eigenblutanwendung nach Homöopathischem Arzneibuch (HAB) alle anderen Anwendungen von Eigenblut bzw. die Herstellung dieser Produkte in der Praxis unter das Transfusionsgesetz (TFG) fallen und somit ausschließlich von Ärzten durchgeführt werden dürfen. Dieser Klarstellung hat sich das BMG in einem Schreiben an die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker angeschlossen (6). Damit fallen alle Eigenblutprodukte wie z. B. Eigenblutinjektionen, Ozonisierung und UV-Bestrahlung unter den „Arztvorbehalt“ des TFG (§ 28 TFG) und dürfen nur von Ärzten hergestellt werden.

Fazit für die Praxis

Trotz Einwände aller Organisationen der ärztlichen Standesvertretung, ist die Auslegungshilfe verabschiedet worden. Es empfiehlt sich daher für die ärztliche Praxis, die üblichen Herstellungsvorgänge nach § 13 Abs. 2b AMG zu überprüfen und zu evaluieren. Besonders wichtig ist es sicherzustellen, dass eine Anzeige nach § 67 AMG bei der zuständigen Landesbehörde (www.zlg.de) erfolgt ist. Weitere Information sowie Merkblätter dazu finden sich auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen (7-15).

Literatur

Weitere öffentlich zugängliche Informationen:

  1. Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG): www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/index.html (letzter Zugriff: 20. September 2018). Stand: 18. Juli 2017.
  2. Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften. BT-Drucksache 16/12256: www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav (letzter Zugriff: 20. September 2018). Stand: 17. Juli 2009.
  3. Erlaubnisfreie Herstellung von Arzneimitteln. EFG-Votum V0200403 der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten: www.zlg.de/index.php (letzter Zugriff: 20. September 2018). Stand: 20. Juni 2018.
  4. Stellungnahme der Bundesärztekammer und der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft zur Leitlinie der Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen „Anforderungen an die erlaubnisfreie Herstellung von sterilen Arzneimitteln, insbesondere Parenteralia, durch Ärzte oder sonst zur Heilkunde befugte Personen gemäß § 13 Abs. 2b Arzneimittelgesetz (AMG)“: www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Stellungnahmen/Leitlinie-AG-AATB.pdf (letzter Zugriff: 20. September 2018). Stand: 26. Januar 2018.
  5. Stellungnahme des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) e. V. zum Entwurf einer Leitlinie der AG AATB über „Anforderungen an die erlaubnisfreie Herstellung von sterilen Arzneimitteln, insbesondere Parenteralia, durch Ärzte oder sonst zur Heilkunde befugte Personen gemäß § 13 Abs. 2b Arzneimittelgesetz (AMG)“: www.adka.de/solva_docs/2018_01_25ADKAStellungnahmeAATBLeitlinieerlaubnisfreieHerstellungsterilerAM.pdf (letzter Zugriff: 20. September 2018). Stand: 18. Januar 2018.
  6. ACON – Arbeitsgemeinschaft für Chiropraktik/Osteopathie und Neuraltherapie Deutscher Heilpraktiker e. V.: ACON aktuell: www.acon-ev.de/aktuell.html? (letzter Zugriff: 20. September 2018). INFO vom 21. August 2018, 13:00 Uhr.
  7. www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/40merkblaetter/20recht/10gesetze/anzeigepflicht.html
  8. www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/Praxis/Verordnung/VO-aktuell/2016/KVB-VA-160324-SOP-Herstellung-von-Arzneimitteln.pdf
  9. lavg.brandenburg.de/sixcms/detail.php/737528
  10. www.kvno.de/10praxis/40verordnungen/10arzneimittel/a_z/epikutantentest/index.html
  11. www.laek-rlp.de/aerzteservice/formblaetter/index.php
  12. www.kvsaarland.de/sonstige/-/asset_publisher/QCPVl2mI8T7d/content/erlaubnisfreie-herstellung?
  13. www.kvs-sachsen.de/mitglieder/kvs-mitteilungen/2010/04-2010/verordnung-von-arznei-heil-und-hilfsmitteln/
  14. www.kv-thueringen.de/suche/index.html
  15. www.kvwl.de/arzt/verordnung/arzneimittel/info/invo/herstellung_am_invo.pdf

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird von den Autoren verneint.

vorab online

Dieser Artikel wurde am 17. Dezember 2018 vorab online veröffentlicht.