Akutes Leber- und Nierenversagen unter der Behandlung mit Febuxostat

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 2/2017

Autoren

Zusammenfassung

Fallbericht über einen Patienten mit Leber- und Nierenversagen unter der Therapie mit Febuxostat.

Abstract

Case report of a patient with liver and kidney failure under therapy with febuxostat.

Das Präparat Adenuric® enthält Febuxostat und ist zugelassen zur Behandlung der chronischen Hyperurikämie bei Erkrankungen, die bereits zu Uratablagerungen geführt haben (einschließlich eines aus der Krankengeschichte bekannten oder aktuell vorliegenden Gichtknotens und/oder einer Gichtarthritis) (1).

Febuxostat wird außerdem angewendet zur Vorbeugung und Behandlung einer Hyperurikämie bei erwachsenen Patienten mit hämatologischen Malignomen, die sich einer Chemotherapie mit einem mittleren bis hohen Risiko für ein Tumorlyse-Syndrom (TLS) unterziehen. Febuxostat ist zur Anwendung bei Erwachsenen bestimmt (1).

Febuxostat hemmt die Xanthinoxidase, die im Rahmen des Purinmetabolismus die Entstehung von Harnsäure katalysiert (1). Die AkdÄ hat über Febuxostat zuletzt in „Wirkstoff aktuell“ berichtet (2).

Febuxostat ist nach Allopurinol das am meisten verordnete Gichtmittel und wurde 2015 in 31,7 Mio DDD eingesetzt; dies bedeutet eine Steigerung von 23,8 % gegenüber dem Vorjahr (3).

Der AkdÄ wurde der Fall eines 76-jährigen Patienten berichtet, der bei bekannter Gicht Febuxostat (Adenuric®) zur Senkung der Harnsäure und erneuter Gichtanfälle erhielt. Allopurinol wurde wegen einer bekannten Allergie nicht eingesetzt. Es wurde eine Erhöhung der Leberwerte (die genaue Höhe ist unklar) bemerkt und das Medikament wieder abgesetzt. Bei erneuter Reexposition dann stationärer Krankenhausaufenthalt mit starker Erhöhung der Leberwerte (ALT > 2000 U/l, AST > 1300 U/l, γ-GT > 600 U/l, APmax > 400 U/l) und Erniedrigung der TPZ (< 35 %). Außerdem CK 1700 U/l, CRP 328 mg/l, Procalcitonin 7,3 ng/ml. Eine beginnende Hepatomegalie war bekannt. Nach Absetzen von Febuxostat waren die Leberwerte wieder rückläufig. Außerdem trat ein akutes Nierenversagen auf (Serumkreatininanstieg bis 3,38 mg/dl) bei vorbestehender chronischer Niereninsuffizienz Stadium III. Der Serumkreatininwert bei Entlassung betrug 1,0 mg/dl. Nebenbefundlich bestanden eine koronare Herzkrankheit, eine ischämisch bedingte Herzinsuffizienz mit kardialer Dekompensation, eine Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz Grad III sowie eine Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie und ein diätetisch eingestellter Diabetes mellitus.

Autoimmunlogische Parameter waren unauffällig, eine postrenale Ursache wurde ausgeschlossen. Allerdings wurde auch eine sequenzielle Nephronblockade mit Furosemid und Xipamid erwähnt, die pausiert wurde. Unter Volumentherapie kam es zu einer Besserung der Nierenfunktion (Serumkreatinin 1,4 mg/dl), dann aber zunehmender Stauung. Sonographisch normal große Nieren mit erhöhtem Widerstandsindex. Insgesamt deutlich vorgeschädigte Nieren (chronisch). Zweimal Harnstatus ohne Nachweis von Eiweiß. Eine quantitative Bestimmung des Urineiweiß sowie ein Differienzialblutbild (auch zum Ausschluss einer Eosinophilie) wurden nicht vorgenommen.

Bei den weiterhin verabreichten Medikamenten ist Colchizin erwähnenswert.

Diskussion

Zum Leberversagen

Eine Therapie mit Febuxostat ist relativ häufig mit einer Erhöhung der Leberwerte assoziiert. Im vorliegenden Fall kam es in einer Medikationspause zur Normalisierung der unter Therapie erhöhten Werte. Eine Reexposition führte zu einem akuten Leberschaden mit eingeschränkter Syntheseleistung. Akute Leberschädigungen sind als seltenes Ereignis in der Fachinormation (1) aufgeführt. Nach Absetzen der Medikation kam es zu einer raschen Besserung der Befunde.

Die Ergebnisse der im auswärtigen Krankenhaus abgenommenen Hepatitis-Serologie werden nicht berichtet. Autoantikörperuntersuchungen ergaben keinen Hinweis auf eine Autoimmunhepatitis.

Der Verlauf mit Transaminasenerhöhung unter Febuxostat, Normalisierung in der Medikationspause, akuter Leberschädigung bei Reexposition mit erneuter, rascher Besserung nach Absetzen spricht deutlich für einen kausalen Zusammenhang zwischen Febuxostat-Medikation und akuter Leberschädigung.

Im RUCAM-Score (4) erreicht die berichtete Konstellation allerdings nur 11 Punkte = Zusammenhang möglich. Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Ergebnisse der offensichtlich durchgeführten Hepatitis-Serologie nicht berichtet wurden. Die Combined Causality Method des Lareb (5) ergibt mit 90 % eine wahrscheinliche bis sichere Korrelation. Die Kasuistik bestätigt die bereits in der Fachinformation aufgeführten Warnhinweise zu hepatotoxischen Nebenwirkungen einer Febuxostat-Therapie.

Colchicin kommt prinzipiell ebenfalls für die Auslösung eines Leberversagens infrage. Die Besserung der Werte unter fortgesetzter Therapie spricht aber gegen dieses Medikament als Verursacher.

Zum Nierenversagen

Für eine akute interstitielle Nephritis spricht der Reexpositionsversuch mit Zeichen einer Unverträglichkeitsreakion auf Febuxostat, außerdem die deutliche Besserung des Kreatinins unter Prednison und nach Absetzen des Medikaments. Dagegen spricht vor allem, dass keine Proteinurie dokumentiert ist und zu viele konkurrierende mögliche Ursache des Nierenversagens bestehen. Ein hepatorenales Syndrom bei akutem Leberversagen, eine Sepsis (Procalcitonin stark erhöht) und eine dekompensierte Herzinsuffizenz (kardiorenales Syndrom) oder auch eine sequenzielle Nephronblockade als prärenale Ursache eines Nierenversagens (Besserung des Kreatinins unter Volumengabe) passen auch nicht zu einer interstitiellen Nephritis.

Eine Recherche in der UAW-Datenbank des deutschen Spontanerfassungssystems ergab für Febuxostat 303 genannte Nebenwirkungen bei 195 Fallberichten. Hier wurde 20-mal über eine akute, 2-mal über eine chronische Nierenschädigung berichtet. Eine akute interstitielle Nephritis wird nicht explizit beschrieben.

Unseres Wissens sind akute interstitielle Nephritiden unter Febuxostat bisher nicht beschrieben. Ein Artikel beschreibt ein Leber- und Nierenversagen mit einer systemischen Reaktion mit Eosinophilie (6). Somit ist eine interstitielle Nephritis im vorliegenden Falle zwar möglich, aber aus unserer Sicht wenig wahrscheinlich.

Fazit für die Praxis

Die Auslösung eines Leberversagens durch die Gabe von Febuxostat ist im vorliegenden Fall wahrscheinlich. Ob das Nierenversagen im Zusammenhang mit dem Leberversagen oder als eigenständige Reaktion auf das Febuxostat aufgetreten ist, bleibt unklar. Verdachtsfälle von Leber- und/oder Nierenschäden unter Febuxostat sollten der AkdÄ mitgeteilt werden unter: www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/UAW-Meldung/.

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird von M. Zieschang verneint.

U. Rosien erhielt Honorare für Fortbildungsveranstaltungen und Vorträge von Falk Foundation, AbbVie/Abbott und Olympus.

Literatur
  1. Berlin-Chemie AG: Fachinformation "Adenuric®". Stand: Dezember 2015.
  2. Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Febuxostat. Dtsch Arztebl 2014; 111: Beilage "Wirkstoff aktuell" 5/2014.
  3. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2016. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, 2016.
  4. Danan G, Benichou C: Causality assessment of adverse reactions to drugs – I. A novel method based on the conclusions of international consensus meetings: application to drug-induced liver injuries. J Clin Epidemiol 1993; 46: 1323-1330.
  5. Oosterhuis I, Zweers P, Rumke H, Hansma A: A combined causality method for spontaneous reports of ADRs on drugs and vaccines. Drug Saf 2015; 38: 935.
  6. Chou HY, Chen CB, Cheng CY et al.: Febuxostat-associated drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS). J Clin Pharm Ther 2015; 40: 689-692.