Der bundeseinheitliche Medikationsplan

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2017

Autor
  • Dr. phil. Stefan Schwenzer, Berlin, Kassenärztliche Bundesvereinigung, sschwenzer@kbv.de

Zusammenfassung

Seit dem 1. Oktober 2016 haben Patienten im Zuge des E-Health-Gesetzes Anspruch auf Erstellung eines sogenannten bundeseinheitlichen Medikationsplans durch ihren Vertragsarzt. Er soll als Maßnahme einer verbesserten Arzneimitteltherapiesicherheit Patienten bei der korrekten Einnahme von mindestens drei verordneten Arzneimitteln unterstützen. Nachdem die Voraussetzungen für die Medikationsplanumsetzung durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt wurden, konkretisierten die KBV, Bundesärztekammer und der Deutsche Apothekerverband die Rahmenbedingungen sowie Inhalte des Medikationsplans. Das Ergebnis ist eine dreiseitige Vereinbarung mit einer technischen Anlage, die Herstellern von Praxisverwaltungssystemen und Apothekenverwaltungssystemen gleichermaßen als Grundlage für die Entwicklung der entsprechenden Softwarefunktionen dient. In Zukunft sollen weitere Strukturen für eine einrichtungsübergreifende elektronische Verarbeitbarkeit der Daten des Medikationsplans geschaffen werden. Bis 2018 soll die vollständige Digitalisierung durch Speicherung der Medikationsplandaten auf der elektronischen Gesundheitskarte realisiert werden.

Abstract

Since October 1st, 2016, patients are entitled to a so-called nationwide medication plan as part of the e-health legislation, provided and updated by their general practitioner. As a measure of improved pharmacotherapy safety the medication plan is supposed to support patients in the correct intake of at least three concomitantly prescribed drugs. After defining the requirements for the medication plan's implementation by the Federal Association for Statutory Health Insurance Physicians (KBV) and the Federal Association of Statutory Health Insurance Funds, the KBV, the German Medical Association and the German Association of Pharmacists established the framework conditions and the content of the medication plan. The result is a tripartite agreement with an annex including technical requirements that equally serves manufacturers of practice management systems and pharmacy management systems as a basis for the development of appropriate software features for creating and updating the medication plan. In the future, additional structures for cross-institutional electronic processing of the data of the medication plan will be created. By 2018, full digitization will be implemented by storing the medication plan data on the electronic health card.

Patienten haben seit dem 1. Oktober 2016 Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans in Papierform (SGB V § 31a). Der Weg zur Umsetzung dieses Anspruchs in Form eines bundeseinheitlichen Medikationsplans (BMP) war und ist mit vielen Stationen versehen. Er war zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels noch nicht abgeschlossen und wird die Beteiligten zweifellos noch eine Weile in Bewegung halten, zumal eine Fortschreibung und Weiterentwicklung der Vorgaben für den BMP insbesondere mit Blick auf die weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens gesetzlich vorgesehen ist.

Gesetzliche Grundlage

Mit dem E-Health-Gesetz wurde im Dezember 2015 ein neuer Paragraph 31a in das fünfte Sozialgesetzbuch aufgenommen. Dieser sieht vor, dass Patienten ab dem 1. Oktober 2016 Anspruch auf Erstellung eines Medikationsplans durch einen Vertragsarzt haben, und regelt in vielen Absätzen die Details dieses Medikationsplans und seiner Umsetzung durch die Selbstverwaltung:

Der Anspruch gilt für Patienten, die mindestens drei verordnete Arzneimittel gleichzeitig anwenden. Näheres zu den Voraussetzungen des Anspruchs sollten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV) im Bundesmantelvertrag bis zum 30. Juni 2016 regeln. Die Erstellung erfolgt in der Regel durch den Hausarzt. In Fällen, in denen der Patient keinen Hausarzt für die Koordination seiner diagnostischen und therapeutischen Leistungen in Anspruch nimmt, kann die Erstellung auch durch einen Facharzt erfolgen, der diese Rolle einnimmt. Dies kann beispielsweise bei Dialysepatienten der Nephrologe sein.

Der Medikationsplan soll einheitlich standardisiert sein. Inhalt, Struktur, Vorgaben zur Erstellung und Aktualisierung sowie ein Verfahren zur Fortschreibung des Plans waren durch KBV, Bundesärztekammer (BÄK) und Deutschen Apothekerverband (DAV) bis zum 30. April 2016 in einer dreiseitigen Vereinbarung festzulegen. Dabei sollten die Vorarbeiten des Aktionsplans Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) des Bundesgesundheitsministeriums berücksichtigt und der Sachverstand der Arzneimittelkommissionen der Ärzte (AkdÄ) sowie der Apotheker (AMK) einbezogen werden.

Aktualisierungen des Medikationsplans sind durch den erstellenden Arzt durchzuführen. Auf Wunsch des Patienten haben auch Apotheken den Plan bei der Abgabe von Arzneimitteln zu aktualisieren. Dies kann zum Beispiel eine Änderung des Handelsnamens aufgrund von Rabattverträgen oder das Hinzufügen einer Selbstmedikation sein. Auch mitbehandelnde Fachärzte und Krankenhäuser können den Plan aktualisieren.

Für die Erstellung und Aktualisierung des Plans erhalten Ärzte eine Vergütung. Details der Vergütung sollten bis zum 30. Juni 2016 mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 zwischen KBV und GKV-SV vereinbart werden. Das E-Health-Gesetz sieht zudem vor, den Medikationsplan spätestens ab dem 1. Januar 2018 auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu speichern. Die gematik muss hierfür bis zum 31. Dezember 2017 die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen haben. Ab dem 1. Januar 2019 müssen dann alle Vertragsärzte und Apotheken in der Lage sein, einen mittels der eGK gespeicherten Medikationsplan zu aktualisieren.

Wie kommt ein Papierplan in ein Gesetz zur Digitalisierung des Gesundheitswesens?

Verwunderung und gelegentlich auch Spott erntete die Tatsache, dass der Medikationsplan zunächst in Papierform in einem Gesetz verankert wurde, welches sich eigentlich die Digitalisierung des Gesundheitswesens zum Ziel gesetzt hatte. Bei näherem Hinsehen jedoch ist diese zunächst merkwürdig erscheinende Tatsache gar nicht so abwegig. Zunächst einmal ist es einleuchtend, dass Patienten noch auf längere Zeit ihre Medikationspläne in Papierform ausgehändigt bekommen möchten, um sie zu lesen und beispielsweise in der Küche an den Kühlschrank zu hängen. Fast ebenso wichtig ist aber die Tatsache, dass durch die konkrete Vorgabe eines Medikationsplans in Papierform auch die Strukturierung der dahinterliegenden Daten sinnvoll bestimmt werden kann, ohne dass dabei Anforderungen formuliert werden, die zwar in der elektronischen Welt machbar wären, aber für die praktische Umsetzung am Ende keine oder nur eine geringe Relevanz haben.

Es erweist sich durchaus als zielführend, zunächst den Anspruch des Versicherten auf eine Leistung (hier Papierausdruck) zu formulieren und die sich daraus ableitende elektronische Speicherung der Medikationsplandaten dann sukzessive umzusetzen. So ermöglicht diese Vorgehensweise nicht nur ein schrittweises Lernen der Beteiligten und ein Anpassen der Systeme und Prozesse, sondern verhindert auch, dass durch überzogene Erwartungen an eine vollständige Digitalisierung der Umbruch unnötig verzögert wird oder gar scheitert.

Dreiseitige Vereinbarung über einen bundeseinheitlichen Medikationsplan

Die dreiseitige Vereinbarung zwischen KBV, BÄK und DAV regelt im Wesentlichen die bei Erstellung und Aktualisierung zu beachtenden Rahmenbedingungen sowie die Inhalte und Struktur des Medikationsplans. Klargestellt wird, dass der Medikationsplan ein Dokument für den Patienten ist, keine Medikationshistorie umfasst und auch nicht die Me-dikationsdokumentation im Rahmen einer Patientenakte oder eines Entlassmanagements ersetzt. Da Vollständigkeit und Aktualität aufgrund der zugrunde liegenden Prozesse nicht garantiert werden können, trägt der Plan einen entsprechenden Hinweis. So ist es beispielsweise möglich, dass der Patient den Arzt bittet, bestimmte Medikamente nicht in den Plan aufzunehmen. Vollständigkeit und Aktualität hängen zudem davon ab, ob der Patient bei jedem Arztbesuch und Apothekeneinkauf den Plan vorlegt. Tut er dies nicht, kann es zu Lücken im Plan kommen, für die weder der Arzt noch die Apotheke verantwortlich zu machen sind.

In Bezug auf den Inhalt ist festgelegt, dass der Plan neben den relevanten Basisdaten zum Patienten und zum ausdruckenden Arzt oder Apotheker die verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen, aber apothekenpflichtigen Arzneimittel, die dem Versicherten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung verschrieben wurden, enthält. Zudem kann auch Selbstmedikation aufgenommen werden, wenn dies aus medizinischer oder pharmazeutischer Sicht notwendig erscheint. Damit soll vermieden werden, dass Ärzte oder Apotheker in die Pflicht kommen, ausnahmslos jede Selbstmedikation zu verzeichnen. Ebenfalls aufzunehmen sind Medizinprodukte, soweit diese für die Medikation relevant sind, sowie Hinweise zur Anwendung der Arzneimittel, insbesondere zur Dosierung.

Für die jeweilige Medikation sind Wirkstoff, Wirkstärke und Darreichungsform sowie optional der Handelsname anzugeben. Dazu kommen die Dosierungsanweisung, gegebenenfalls weitere Hinweise und der Behandlungsgrund in einer für den Patienten verständlichen Form.

Das vom Gesetzgeber geforderte einheitliche Aussehen des Plans ist vorgegeben und bietet dem Patienten alle notwendigen Informationen in einer stets wiedererkennbaren Form (Abbildung 1).

Abbildung 1: Muster eines Medikationsplans


Technische Spezifikation des bundeseinheitlichen Medikationsplans

Die vom Gesetzgeber geforderte Einheitlichkeit des Plans soll auch durch die verschiedenen Softwaresysteme von Ärzten und Apothekern gewährleistet werden. Zugleich soll der Aufwand für die Erstellung und Aktualisierung bei den beteiligten Heilberuflern möglichst minimiert werden und insbesondere eine Übernahme von Daten aus der vorhandenen Patientendokumentation und der Rezeptschreibung möglich sein. Um die Umsetzung dieser Anforderungen sicherzustellen, haben die Vertragspartner der Vereinbarung eine technische Anlage (Anlage 3) hinzugefügt, die diese Vorgaben detailliert für die Umsetzung in der Software aufbereitet.

Wesentliche Vorarbeiten für eine solche Spezifikation waren bereits unter Federführung der AkdÄ von der für den Aktionsplan zuständigen Koordinierungsgruppe erbracht worden (1;2). In diesem Kontext wurden auch erste Modelle für eine elektronische Repräsentation der Medikationsplandaten entwickelt und verschiedene Projekte und Untersuchungen zur Evaluation des Plans initiiert (3;4). Erste Ergebnisse dieser Untersuchungen, etwa die von der ABDA durchgeführte Studie zur Lesbarkeit (5) konnten nun in die Spezifikation des BMP einfließen.

Auch nach dem Willen des Gesetzgebers sollten diese Vorarbeiten aus dem Aktionsplan bei der Erarbeitung der Vereinbarungsinhalte für den BMP berücksichtigt werden. Die Partner der Vereinbarung haben sich daher – nicht zuletzt unter den Bedingungen des sehr eng gesteckten Zeitplans – dafür entschieden, die vorhandene Spezifikation 2.0 (korrigierte Fassung) einschließlich der dort beschriebenen Inhalte, Strukturen und des Verfahrens zur Aktualisierung des Plans mit Hilfe eines Barcodes weitestgehend zu übernehmen. Mit der entsprechenden Erarbeitung der Details und der technischen Anlagen der dreiseitigen Vereinbarung haben KBV, BÄK und DAV eine gemeinsame Arbeitsgruppe (AG BMP) betraut. Erste Aufgabe der AG BMP war es, die zuvor erarbeitete Spezifikation unter Berücksichtigung der neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu überarbeiten.

Ziel der Vertragspartner war es, bei der technischen Umsetzung eine frühzeitige Beteiligung der Softwareindustrie zu gewährleisten. Daher wurden bereits ab Dezember 2015 auch unter Beteiligung der gematik Gespräche mit den relevanten Herstellerverbänden bvitg (Bundesverband Gesundheits-IT) und ADAS (Bundesverband Deutscher Apothekensoftwarehäuser) sowie den Vertretern von HL7 (Health Level 7) geführt. Auch mit den Anbietern von Arzneimitteldatenbanken gab es einen regelmäßigen Austausch. Insbesondere durch die Beteiligung der Industrieverbände konnte dabei erreicht werden, dass die für die Erzeugung des Barcodes auf dem BMP notwendigen Daten einem internationalen Standard entsprechen. Diese erstmalige Verwendung eines internationalen Standards in einem E-Health-Projekt mit der Bedeutung und der Tragweite des BMP kann dabei durchaus als Erfolg einer konstruktiven Zusammenarbeit der beteiligten Organisationen und wichtiger Effekt der Umsetzung des E-Health-Gesetzes verbucht werden. Wichtig war dabei, dass die Definition der fachlichen Inhalte nicht durch technische Standards eingeschränkt wird und die Hoheit der Vertragspartner über die Spezifikation des BMP in allen Punkten erhalten bleibt.

Die Gespräche mit den Arzneimitteldatenbank-Herstellern verliefen ebenfalls konstruktiv, zeigten aber auch, dass gerade im Bereich der für einen einheitlichen Medikationsplan notwendigen Basisdaten noch wichtige Schritte (6) – auch durch den Gesetzgeber – zu gehen sind. So fehlt es derzeit noch an einheitlichen, patientengeeigneten Bezeichnungen der Wirkstoffe und Wirkstärken in den Arzneimitteldatenbanken. Hier könnte der Gesetzgeber beispielsweise durch eine Verpflichtung der Hersteller zur Bereitstellung dieser Daten helfen, den Medikationsplan weiterzuentwickeln.

Auch mit Vertretern des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands (DBSV) wurde im Rahmen der Erarbeitung der Spezifikation frühzeitig Kontakt aufgenommen, da die besonderen Belange dieser Patientengruppe vom Gesetzgeber ausdrücklich betont wurden. Dabei wurden konstruktive Anregungen aufgenommen, die jedoch aus zeitlichen Gründen nicht alle in der ersten Version der Vereinbarung und ihren Anlagen Berücksichtigung finden konnten. Von Seiten des DBSV wurde insbesondere das Potenzial des in der Spezifikation vorgesehenen Barcodes gesehen, etwa für spezielle Apps, die blinde und sehbehinderte Patienten beim Lesen der Inhalte des Medikationsplans unterstützen könnten.

Das Ergebnis der intensiven Verhandlungen und Gespräche war eine fristgemäß fertiggestellte dreiseitige Vereinbarung mit einer technischen Anlage, die Herstellern von Praxisverwaltungssystemen (PVS) und Apothekenverwaltungssystemen (AVS) gleichermaßen als Grundlage für die Entwicklung der entsprechenden Softwarefunktionen zur Erstellung und Aktualisierung eines Medikationsplans nach § 31a SGB V dient. Selbstverständlich können auch Hersteller von Krankenhausinformationssystemen (KIS) die Spezifikation nutzen, wenngleich Krankenhäuser bislang nicht verpflichtet sind, Pläne zu erstellen oder zu aktualisieren. Der auf dem BMP vorgesehene Barcode bietet dabei gleich mehrere Vorteile. So kann durch das Einlesen des Barcodes der Inhalt eines Plans leicht erfasst werden und steht so zur Aktualisierung im System zur Verfügung. Dadurch kann anschließend ein erneuter Ausdruck des aktualisierten Plans erfolgen, wodurch handschriftliche Korrekturen und Ergänzungen vermieden werden. Auch kann der Barcode im Krankenhaus im Rahmen der Medikationsanamnese genutzt werden und verkürzt dadurch signifikant den Aufwand bei der Erfassung der aktuellen Medikation. Schließlich profitieren auch Patienten vom Barcode, indem zum Beispiel mit Hilfe geeigneter Apps der Barcode per Smartphone abgescannt werden kann und die Daten in elektronische Medikationspläne mit Erinnerungsfunktion eingelesen werden.

Wie geht es weiter?

Auf die Ärzteschaft kommt im Rahmen der Einführung des einheitlichen Medikationsplans nach § 31a SGB V eine Reihe von Aufgaben und Herausforderungen zu. Dabei wäre die Annahme, der erstellende Arzt könne einfach auf seine vorhandene Dokumentation zurückgreifen und damit den Medikationsplan mit wenigen Mausklicks erstellen, mit Sicherheit zu optimistisch. Unter anderem muss die Erfassung der für den Medikationsplan relevanten Informationen im Gegensatz zur bisherigen Dokumentation zukünftig in strukturierter Form erfolgen. Dies betrifft insbesondere auch die Verordnungen mitbehandelnder Ärzte und die Selbstmedikation. Wo früher ein einfacher Vermerk in der Akte ausreichte, muss nun ein Eintrag erzeugt werden, in dem zum Beispiel die Dosierungsanweisung des mitbehandelnden Kollegen oder der Selbstmedikation detailliert zu erfassen sind. Das erfordert in der Regel zusätzlichen Aufwand im Gespräch mit dem Patienten und für Rückfragen bei den Kollegen – es sei denn, die Aktualisierung erfolgt jeweils elektronisch unterstützt bereits durch den mitbehandelnden Arzt oder den Apotheker. Dazu sind diese aber nach dem Gesetz bisher nicht ausdrücklich verpflichtet.

Sicherlich wird es also noch einige Zeit dauern, bis sich die entsprechenden Prozesse im Praxisalltag etabliert haben. Die KBV unterstützt dies mit verschiedenen Informationsmaterialien, unter anderem mit einer eigenen Webseite zum Medikationsplan (siehe Abbildung 2). Wichtig für den erfolgreichen Roll-out des BMP ist aber auch eine möglichst optimale Integration der Medikationsplansoftware in die bestehenden Prozesse wie Arzneimittelverordnung und -anamnese. Die Möglichkeit zur Nutzung eines Barcodes für die einfache Erfassung und Aktualisierung von Medikationsplänen gehört ebenso dazu wie eine zentrale und einheitliche Dokumentation der Arzneimitteldaten. Aus Sicht der KBV war es daher besonders wichtig, dass mit der Einführung des Anspruchs auf den Medikationsplan nach § 31a SGB V auch ein geeignetes Zertifizierungsverfahren zur Verfügung steht, welches sicherstellt, dass die für die Erstellung und Aktualisierung notwendigen Funktionen in der Arztsoftware enthalten sind. Der Gesetzgeber hat im E-Health-Gesetz diese Funktionalität für die Verordnungssoftware von Ärzten verpflichtend gemacht (§ 73 Abs. 8 SGB V), sodass die KBV dies nun auch im Rahmen der Zertifizierung von Verordnungssoftware prüfen und sicherstellen kann. Mit Beginn des Anspruchs der Patienten sollte daher jeder PVS-Anbieter ein entsprechendes Modul entwickelt oder integriert haben. Für Apothekensoftware gibt es leider kein vergleichbares, gesetzlich verbindliches Zertifizierungsverfahren, sodass mit Einführung des Medikationsplans noch nicht sichergestellt ist, dass alle Apothekensysteme geeignete Medikationsplanmodule enthalten. Folglich kann eine Aktualisierung in der Apotheke bis zur verbindlichen Einführung des Medikationsplans auf der eGK noch handschriftlich erfolgen.

Abbildung 2: KBV Service für die Praxis: Medikationsplan


Die Arbeit am BMP ist mit der einmaligen Veröffentlichung der Vereinbarung und ihrer Anlagen nicht abgeschlossen. Im Rahmen der Fortschreibung wird die Vereinbarung – insbesondere die technische Spezifikation – immer wieder neuen Erkenntnissen und Anforderungen anzupassen sein. Denn laut Gesetz muss die Vereinbarung zum Medikationsplan nicht nur Inhalt und Struktur eines einheitlich standardisierten Medikationsplans regeln und Vorgaben zur Erstellung und Aktualisierung machen. Sie muss auch so fortgeschrieben werden, dass die Daten in den Systemen der Vertragsärzte und Apotheken einheitlich abgebildet und zur Prüfung der AMTS genutzt werden können. Dabei sollen beispielsweise auch Codierungstabellen und Terminologien bestimmt werden, die geeignet sind, die relevanten Arzneimittelinformationen einheitlich darzustellen, um die Voraussetzungen für eine einrichtungsübergreifende elektronische Verarbeitbarkeit der Daten des Medikationsplans zu schaffen.

In diesem Kontext sind auch die bereits weiter oben angesprochenen Probleme mit der Bereitstellung einheitlicher Feldinhalte zu lösen. Insbesondere die Felder Wirkstärke und Wirkstoffbezeichnung sollten in allen Arzneimitteldatenbanken identisch und wenn möglich in einer für den Medikationsplan geeigneten, das heißt patientenverständlichen Form zur Verfügung stehen. Idealerweise sollte die Bezeichnung identisch sein mit den auf der Arzneimittelpackung aufgedruckten Texten, so dass der Patient einen deutlichen Wiedererkennungseffekt beim Abgleich von Plan und Arzneimittelpackung hat. Die Bereitstellung dieser Daten sollte idealerweise verbindlich durch die pharmazeutischen Unternehmer erfolgen. Hier sind zweifellos weitere Vorgaben des Gesetzgebers notwendig, um eine Einheitlichkeit und Verbindlichkeit dieser Daten sicherzustellen. Nicht zuletzt ist dies auch Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Speicherung der Daten des BMP auf der eGK.

Unter dem Aspekt der Zielstellung des Plans als Informationsmedium für den Patienten sollte weiterhin geprüft werden, ob das Layout und die Struktur des Plans im Hinblick auf die Orientierung der Patienten verbessert werden können, und wie es möglich ist, ältere oder sehbehinderte Patienten durch die Gestaltung des Plans besser zu unterstützen. Der jüngst von der Bundesregierung verabschiedete vierte Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit 2016–2019 enthält dankenswerterweise gleich mehrere Maßnahmen, die diese Aspekte der Weiterentwicklung des BMP unterstützen (http://www.akdae.de/AMTS/Aktionsplan/Aktionsplan-2016-2019/index.html). Zwei dieser Maßnahmen sollen hier explizit erwähnt werden. Zum einen soll eine patientenorientierte Weiterentwicklung von Gestaltung und Layout des Plans stattfinden. Dafür sollen entsprechende Experten eingebunden werden, die mit geeigneten Methoden verschiedene Gestaltungsvarianten testen und aus den Ergebnissen Empfehlungen für eine Verbesserung der Gestaltung und damit der Orientierung der Patienten auf dem Medikationsplan erarbeiten. Eine weitere Maßnahme dient der Entwicklung einer App, mit deren Hilfe es blinden und sehbehinderten Patienten ermöglich werden soll, den Medikationsplan über den Barcode einzuscannen und in einer für sie geeigneten Weise auszugeben.

Ausblick

Im Zuge der Etablierung des Medikationsplans als Anspruch des Versicherten wird eine Diskussion um die zukünftige Versorgung von multimorbiden Patienten mit Polymedikation unausweichlich. Denn alleine mit der Bereitstellung eines Medikationsplans wird die Versorgung dieser Patientengruppe noch nicht ausreichend verbessert. Daher gilt es, hierfür zusätzliche Maßnahmen zu etablieren. Dazu gehören eine elektronisch gestützte AMTS-Prüfung und ein darauf aufbauendes Medikationsmanagement. Dieses umfasst beispielsweise die Abstimmung mit Fachärzten und gegebenenfalls Apothekern sowie eine Priorisierung der medikamentösen Therapie unter Berücksichtigung der Patientenpräferenzen und geht damit weit über das übliche Prüfen und Abgleichen der Medikation hinaus.

Über entsprechende Modellvorhaben wurde bereits an anderer Stelle berichtet (7). Sie zeigen, dass ein relevanter Bedarf besteht und dass solche Maßnahmen sinnvoll sind. Die logische Konsequenz ist daher die gesetzliche Verankerung eines Anspruchs von Patienten mit Polymedikation – d. h. bei Dauertherapie mit fünf und mehr systemisch wirkenden Arzneistoffen – auf ein Medikationsmanagement. Der Gesetzgeber ist gefordert, die Voraussetzungen für ein solches Medikationsmanagement zu schaffen, indem gesetzliche Rahmenbedingungen für Mindeststandards und standardisierte Schnittstellen für AMTS-Prüfsoftware geschaffen werden. Des Weiteren müssen Vergütungsregelungen für Maßnahmen des Medikationsmanagements getroffen werden, die sowohl den hohen zeitlichen und organisatorischen Aufwand als auch die Anschaffungskosten entsprechender Softwarelösungen berücksichtigen.

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird vom Autor verneint.

Literatur
  1. Aly A-F: Arzneimitteltherapiesicherheit: Medikationsplan für den Überblick. Dtsch Arztebl 2013; 110: A 751-752.
  2. Aly A-F: Der einheitliche patientenbezogene Medikationsplan als Grundlage zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) 2015; 42: 116-121.
  3. Hellmann G, Felberg M, Strunz AK: Bundes-Medikationsplan – ein Demonstrationsbeispiel. e-Health-Journal 2016; Heft 1: 14-15.
  4. Maas R, Schächtele S, Schuster S et al.: MetropolMediplan 2016 – eine AMTS-Lösung zum digitalen Medikations- und Therapiedatenaustausch für Patienten, Ärzte und Apotheker. e-Health-Journal 2016; Heft 1: 19-25.
  5. Botermann L, Monzel K, Krueger K et al.: Evaluating patients' comprehensibility of a standardized medication plan. Eur J Clin Pharmacol 2016; 72: 1229-1237.
  6. Hellmann G: Chancen und Risiken von Arzneimittel-Datenbanken - Informationen im Medikationsplan. Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) 2015; 42: 122-129.
  7. Schwenzer S: AMTS mit ARMIN in Sachsen und Thüringen - mehr Arzneimitteltherapiesicherheit durch rationale und evidenzbasierte Arzneimitteltherapie und patientenindividuelles Medikationsmanagement. Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) 2015; 42: 130-137.