In Memoriam: Professor Dr. med. Walter Rummel (1921–2015)

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 4/2015

Kritisches Engagement für eine rational begründete Pharmakotherapie

Wenn die älteren Mitglieder der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) an vergangene Vorstände der Kommission denken , dann werden ihnen immer zwei prominente, wissenschaftlich hochqualifizierte und menschlich nachhaltig eindrucksvolle Persönlichkeiten vor das innere Augen treten: der 2008 verstorbene Internist und Martini-Schüler Prof. Dr. Wolfgang Dölle, Tübingen, und der nur zwei Jahre ältere Pharmakologe Prof. Dr. Walter Rummel, Homburg, – beide Ehrenmitglieder unserer Kommission.

Prof. Rummel, 1921 in Freiburg geboren – lebenslang hörte man seiner Sprechweise die süddeutsche Einfärbung an – hatte seine medizinische Doktorarbeit bei dem bekannten Pathologen Prof. Franz Büchner („der heilige Franz“) in Freiburg abgeliefert. Am Düsseldorfer pharmakologischen Institut habilitierte er sich mit einem Forschungsthema, dem er in seiner weiteren wissenschaftlichen Laufbahn immer treu geblieben ist, der Membranforschung, die später dann auch Gegenstand zweier Sonderforschungsbereiche wurde.

 Prof. Dr. Walter Rummel

Foto: privat

 

32 Jahre hat er das Homburger Pharmakologische Institut geleitet und dessen Arbeiten zu internationalem Ansehen gebracht. Er war Mitautor eines der bis heute bekanntesten pharmakologischen Lehrbücher, des seinerzeitigen „Forth – Henschler – Rummel“, das auch in seiner nunmehr elften Auflage Studierende in pharmakologisches Denken einführt.

Seine hohe wissenschaftliche Reputation, sein bescheidenes Wesen, seine ausgleichende, das Wichtige vom Unwichtigen klar unterscheidende Art bewirkten, dass sein Rat von zahlreichen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Gremien gesucht wurde.

So engagierte er sich u. a. auch schon frühzeitig für die allgemeinen Belange der deutschen Ärzteschaft, so als langjähriger Vorsitzender der Ethikkommission der saarländischen Ärztekammer.

Seit 1966 ist sein Wirken eng mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft verbunden, von 1969 bis 1993 gehörte er in wechselnder Funktion dem Vorstand an. Auch dort war auf sein nie nachlassendes kritisches Engagement für eine rational begründete und vernünftige Pharmakotherapie stets Verlass. Von ihm als richtig erkannte Positionen hat er für die Kommission auch nach außen hin in großer Deutlichkeit vertreten.

Von seiner Gründung bis zum Jahre 1992 war Prof. Rummel Vorsitzender des Anfang der 1980-Jahre von der AkdÄ gegründeten Ausschusses „Unerwünschte Arzneimittelwirkungen“. Dieser Ausschuss setzt sich aus Fachmitgliedern der AkdÄ zusammen. Als ständige Gäste nehmen heutzutage Vertreter der für Arzneimittelsicherheit zuständigen Bundesoberbehörden (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, und Paul-Ehrlich-Institut, PEI), der Giftnotrufzentralen und der Arzneimittelkommission der Apotheker an den Sitzungen teil. Sein Nachfolger in diesem Amt war Prof. Höffler (1992 bis 2008), Darmstadt.

Die Vorstandsarbeit damals war eine ganz andere als heutzutage. Eine Kongregation bedeutender älterer Wissenschaftler erarbeitete sehr sorgfältig Stellungnahmen zu verschiedenen therapeutischen Problemen; man hatte durchaus gute Verbindungen zum Ministerium, die Arbeitsprodukte wurden jedoch von der Ärzteschaft und den Medien nur sehr begrenzt zur Kenntnis genommen – trotz des unermüdlichen propagandistischen Einsatzes des seinerzeitigen Geschäftsführers Dr. Kimbel, den manche mit dem Vorsitzenden verwechselten. Prof. Rummel war, auch im nicht immer ganz einfachen Umgang mit dem damaligen Vorsitzenden Prof. Scheler, Göttingen (1981 bis 1993), durch sein ruhiges, abwägendes Urteil so etwas wie eine vertrauensbildende Maßnahme in Person. Er sprach betont langsam, bedächtig, jedes Wort war überlegt, immer behielt er Pro und Kontra in seiner Argumentation bilanzierend im Blick – blindes Eifern war ihm fremd und widerwärtig.

Für die beiden seinerzeitigen Benjamins des Vorstands, Prof. U. Schwabe und den Autor, gab er oft im Gespräch zu zweit geradezu väterlichen Rat, wenn wir bestimmte Entscheidungen oder politische Ausrichtungen nicht verstehen und akzeptieren wollten.

Im Jahre 2003 ernannte die Kommission Professor Rummel in Anerkennung seiner Verdienste zu ihrem Ehrenmitglied. Seine vorbildliche ärztliche Haltung und sein selbstkritisches Urteil um die medizinische Wissenschaft verdienen unseren Respekt und Bewunderung.

Prof. Rummel verstarb am 4. Juli 2015 im Alter von 93 Jahren in Homburg.

Die Ärzteschaft und die Arzneimittelkommission sind ihm zu ganz besonderem Dank verpflichtet. Wir wollen seiner Gedenken und die Erinnerung an ihn, der uns ärztliches und akademisches Vorbild war, wach halten.

 

Für Vorstand und Geschäftsstelle der AkdÄ

Professor Dr. med. Bruno Müller-Oerlinghausen, Berlin

Professor Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, Berlin

Vorsitzender

Dr. med. Katrin Bräutigam, Berlin

Geschäftsführerin