Konjunktivitis – Ursachen und Behandlung

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 2/2015

Autoren

Ätiologie

Die Konjunktivitis oder Bindehautentzündung ist im Bereich der Augenheilkunde, aber auch in der Patientenklientel des Allgemeinmediziners eine häufig auftretende Erkrankung, die initial auch oft in Notfallsprechstunden behandelt werden muss. Die jährliche Inzidenz der bakteriellen Konjunktivitis wurde in den USA auf 135 pro 10.000 geschätzt (1).

Die Ursachen einer Konjunktivitis können grob in infektiös und nichtinfektiös unterteilt werden. Die virale Konjunktivitis ist die häufigste Ursache in der Gruppe der infektiösen Erkrankungen sowohl in der gesamten Patientenklientel als auch bei den Erwachsenen. An zweiter Stelle stehen die bakteriellen Infektionen, die jedoch bei Kindern die Hauptursache infektiöser Konjunktivitiden darstellen (50–75 %). Weitere infektiöse Ursachen der Bindehautentzündung wie zum Beispiel durch Parasiten sind sehr selten. Nichtinfektiöse Ursachen der Konjunktivitis sind allergische und toxische Reaktionen sowie Begleiterscheinungen bei ophthalmologischen oder systemischen Erkrankungen.

Aus dem Spektrum der Augenheilkunde sollten hierbei ein Sicca-Syndrom, eine intraokulare Entzündung, Erkrankungen der Tränendrüse, der Lider oder der Wimpern als Ursache einer Konjunktivitis in Betracht gezogen werden. Des Weiteren können Autoimmunerkrankungen und neoplastische Prozesse eine Konjunktivitis als Begleiterscheinung auslösen. Neben diesem systemischen und nichtinfektiösen Geschehen gelten Chlamydien und Gonorrhoe als mögliche systemische Infektionen, bei denen sowohl primär als auch sekundär eine Konjunktivitis auftreten kann. Das Reiter-Syndrom und die Graft-versus-Host-Reaktion nehmen bei den systemischen Ursachen einer Bindehautentzündung eine Sonderstellung ein.

Trotz dieser vielfältigen und zum Teil speziellen Erkrankungen, die eine Konjunktivitis hervorrufen können, bleibt jedoch die lokale Infektion der Hauptgrund aller akuten Entzündungen der Bindehaut. Um diese Patienten von den Sonderfällen diagnostisch zu trennen, hilft bereits eine gute Anamnese, in der Allgemeinsymptome und Vorerkrankungen eruiert werden. Des Weiteren sollte nach einer Visusverschlechterung und Augenschmerzen gefragt werden. Eine Überweisung zum Ophthalmologen zur weiteren Abklärung sollte dann auf jeden Fall erfolgen.

Zur Unterscheidung der häufigsten Ursachen (viral, bakteriell, allergisch und bei trockenen Augen) eignet sich auch die Beurteilung des abgesonderten Sekretes. Während mukopurulentes Aussehen und die Beschreibung morgendlich stark verklebter Augen für eine bakterielle Entzündung sprechen, sind die anderen Ursachen (viral, allergisch und auf Grund eines trockenen Auges) eher mit serösem Sekret und wenig verklebten Augen assoziiert.

Therapie

1. Unspezifische bakterielle Konjunktivitis

Die häufigsten Bakterien, die eine Konjunktivitis auslösen, sind Staphylokokken-Spezies, Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis. Die Spontanheilungsrate liegt bei 60 % innerhalb von ein bis zwei Wochen. Topische Antibiotika haben jedoch die Vorteile der beschleunigten Erholung, einer erniedrigten Ansteckungsgefahr und einer früher möglichen Wiederaufnahme der Arbeit. Bei einer unkomplizierten bakteriellen Konjunktivitis kann sowohl ein Vorgehen mit abwartenden Kontrollen als auch eine lokale Antibiotikagabe sinnvoll sein.

Als Augentropfen eignen sich sowohl Aminoglykoside (z. B. Gentamycin 4 x täglich über eine Woche) als auch Fluorchinolone (z. B. Ofloxacin 4 x täglich über eine Woche) oder Makrolide (Erythromycin 4 x täglich über eine Woche oder Acithromycin 2 x täglich für 2 Tage, dann 1 x täglich für eine Woche).

Bei mukopurulenter Sekretion, stärkeren Schmerzen, Kontaktlinsenträgern und immunsupprimierten Patienten sollte immer ein lokales Antibiotikum gegeben werden, ebenso bei Hinweisen auf das Vorliegen einer Chlamydien- oder Gonokokkeninfektion.

2. Konjunktivitis durch Chlamydien

Chlamydia trachomatis ist der Erreger der sogenannten Einschlusskörperkonjunktivitis. Diese ist in ca. 2–6 % die Ursache aller akuten Bindehautentzündungen. Häufige Symptome sind konjunktivale Hyperämie mit Follikelbildung, mukopurulenter Sekretion und gleichzeitig bestehenden Hinweisen auf eine genitale Infektion. Die Symptome bestehen in manchen Fällen über längere Zeit in milder Ausprägung. Die lokale Therapie sollte Azithromycin oder Doxycyclin beinhalten. Eine Abklärung hinsichtlich einer genitalen Infektion und bei Bedarf die systemische Behandlung dieser Infektion ist einzuleiten, ebenso wie die Untersuchung und gegebenenfalls Mitbehandlung des Sexualpartners.

3. Adenoviruskonjunktivitis

Die Entzündung des Auges durch Adenoviren wird auch Keratoconjunctivitis epidemica genannt und ist hoch ansteckend. Adenoviren gehören zu den unbehüllten Viren und sind daher nur schwer durch Desinfektionsmittel zu inaktivieren. Anamnestisch ist häufig der vorangegangene Kontakt zu Menschen mit rotem Auge eruierbar. Meist ist zunächst nur ein Auge betroffen, oft überträgt sich die Entzündung jedoch nach einigen Tagen auch auf das Partnerauge. Es kann gleichzeitig ein allgemeines grippeähnliches Unwohlsein und eine präaurikuläre Lymphknotenschwellung bestehen. Auf Grund der hohen Infektiosität ist die Aufklärung des Patienten über sorgfältiges und häufiges Händewaschen und die hygienische Isolation zu anderen Menschen sehr wichtig. Der Patient sollte seine Handtücher oder sonstige Hygieneartikel nicht mit anderen teilen und auch Händeschütteln auf Grund der Ansteckungsgefahr vermeiden. Arbeitsunfähigkeit besteht bis zur vollständigen Entzündungsfreiheit. Die Spontanheilung tritt meist innerhalb von zwei Wochen ein (2). Auf antivirale oder antibakterielle Augentropfen sollte verzichtet werden, da sie weder zu einer Prävention von Sekundärinfektionen noch zu einer Verkürzung der Krankheitsdauer führen, sondern nur die Komplikationsrate durch allergische oder toxische Reaktionen erhöhen. Sollten die Symptome länger als ca. zehn Tage ohne Rückläufigkeit bestehen, ist eine Überweisung zu einem Ophthalmologen zu erwägen (3).

Bei Verdacht auf Keratoconjunctivitis epidemica muss nach jedem Patientenkontakt eine Händedesinfektion mit einem voll viruziden Händedesinfektionsmittel nach der Liste des Robert Koch-Instituts (4) vorgenommen werden. Weiterhin muss in medizinischen Einrichtungen für diese Fälle ein Hygieneplan vorliegen und auf eine viruswirksame Reinigung von Oberflächen und benutzten Instrumenten geachtet werden (4).

4. Keratokonjunktivitis durch Herpesviren

Herpes simplex ist in 1−5 % Ursache einer akuten Konjunktivitis. Herpesviren gehören zu den behüllten Viren und sind durch übliche alkoholische Händedesinfektionsmittel inaktivierbar. Die Keratokonjunktivitis ist meist unilateral und mit seröser Sekretion assoziiert. Die Therapie hängt von dem Befall der kornealen Schicht ab. Bei oberflächlicher Entzündung ist eine Behandlung mit antiviralen Augentropfen oder Augensalben (Aciclovir, Ganciclovir oder Bromovinyldesoxyuriden (BVDU = Brivudin)) 5 x täglich über zwei bis drei Wochen angezeigt. Nur bei schweren Fällen oder wiederholten Rezidiven ist eine orale Gabe von Aciclovir zu erwägen.

Herpes zoster kann bei Infektion im Gebiet der ersten zwei Äste des Nervus trigeminus (Nervus ophthalmicus (V1) und Nervus maxillaris (V2)) eine okuläre Beteiligung aufweisen. Hierbei sind in absteigender Häufigkeit die Lider, die Konjunktiva, die Kornea, die Uvea und die Retina beteiligt. Typisch für die Erkrankung sind die Bildung von zum Teil konfluierenden und eruptiven Bläschen und eine vorausgehende Schmerzsymptomatik beschränkt auf das Gebiet V1 oder V2. Bei Hinweisen auf Mitbeteiligung der Augen ist eine meist systemische und lokale antivirale Therapie nötig.

Da bei Konjunktivitiden herpetischer Genese Komplikationen wie eine Keratitis bis hin zur akuten retinalen Nekrose auftreten können, sollte bei dem Verdacht auf Herpesviren und Sehverschlechterung eine frühzeitige Überweisung an den Augenarzt erfolgen.

5. Allergische Konjunktivitis

Eine allergische Reaktion der Bindehaut kann sich bei Kontakt mit unterschiedlichen Antigenen einstellen und betrifft bis zu 40 % der Bevölkerung, jedoch suchen nur ca. 10 % davon ärztliche Hilfe. Häufig sind Reaktionen auf Pollen, Tierhaare und Augentropfen. Typische Symptome sind Jucken, Brennen, Rötung und Tränen der Augen, häufig mit gleichzeitig bestehenden schnupfenartigen Beschwerden.

Therapeutische Optionen bei der Behandlung sind lokale Augentropfen mit Antihistaminen, Mastzellstabilisatoren oder Corticosteroiden. Während Antihistamine eine schnelle und eher kurzfristige Wirkung zeigen, sind Mastzellstabilisatoren für eine längerfristige Therapie geeignet. Corticosteroide sollten nur mit Vorsicht verordnet werden, da Nebenwirkung wie Anstieg des intraokularen Druckes und beschleunigte Cataractentwicklung auftreten können. Bei dem Antihistamin Antazolin und bei dem Vasokonstriktor Naphazolin können nach dem Absetzen reaktive Hyperämien auftreten.

Fazit

Häufigste Ursachen der Konjunktivitis sind unspezifische virale oder bakterielle Entzündungen.

Bei gleichzeitig bestehendem Schnupfen sollte auch an die ebenfalls häufige allergische Konjunktivitis und die Keratoconjunctivitis epidemica gedacht werden.

Eine Überweisung zum Augenarzt ist bei gleichzeitig bestehender Visusverschlechterung, starken Augenschmerzen oder über sieben bis zehn Tage ausbleibender Befundbesserung angezeigt.

Interessenkonflikte

G. Wirths hat eine Reisekostenvergütung von der Firma Novartis erhalten.

Ein Interessenkonflikt wird von der Autorin N. Eter verneint.

Literatur
  1. Smith AF, Waycaster C: Estimate of the direct and indirect annual cost of bacterial conjunctivitis in the United States. BMC Ophthalmol 2009; 9: 13.
  2. Kanski JJ, Bowling B: Klinische Ophthalmologie. 7. Aufl.; München: Urban & Fischer Verlag, Elsevier GmbH, 2012.
  3. Azari AA, Barney NP: Conjunctivitis: a systematic review of diagnosis and treatment. JAMA 2013; 310: 1721-1729.
  4. Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren, Stand: 31. August 2013. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2013; 56: 1706-1728.