Aktinische Keratosen – Diagnostik und Therapie

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 2/2015

Autoren

Durch das Erreichen eines höheren Lebensalters und vermehrte Freizeitaktivitäten steigt die Anzahl der Patienten mit UV-Licht-bedingten Hautveränderungen deutlich an. Häufigstes Zeichen einer chronischen Lichtschädigung sind dabei die aktinischen Keratosen (AK), histologisch in der fortgeschrittenen Ausprägung einem plattenepithelialen Carcinoma in situ entsprechend. Für Deutschland wird von einer Prävalenz von 6–15 % der Bevölkerung ausgegangen.

In der Literatur setzt sich vermehrt auch die Bezeichnung KIN (keratinozytäre intraepitheliale Neoplasie) durch, analog zu Veränderungen an anderen Plattenepithelien (CIN – cervikal, PIN – penil, AIN – anal). Diese wird je nach Ausprägung der Veränderungen in drei Grade eingeteilt.

Liegen mehrere AK dicht nebeneinander oder lassen sich einzelne Läsionen nicht mehr voneinander abgrenzen, wird von einer Feldkanzerisierung gesprochen. Häufig lassen sich die Veränderungen dann besser ertasten (wie „Sandpapier“) als sehen.

Als prädisponierende Faktoren für aktinische Keratosen gilt neben einem hellen Hautkolorit mit blondem oder rötlichem Haar und blauen Augen (Hauttyp I/II nach Fitzpatrick) hauptsächlich die kumulative UV-Exposition. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine AK als Berufserkrankung (BK 5103) anerkannt werden kann. Eine dauerhafte Immunsuppression z. B. bei organtransplantierten Patienten kann ebenfalls zu einem vermehrten Auftreten von AK führen, nicht selten zeigen diese ein aggressiveres Wachstumsmuster. Eine mögliche Assoziation mit humanen Papillomviren ist noch nicht abschließend geklärt.

Prädilektionsstellen sind alle lichtexponierten Areale („Sonnenterassen“), insbesondere die unbehaarte Kopfhaut (v. a. Männer), die Ohrhelices, Stirn, Nasenrücken, Wangen, die Unterlippe (Cheilitis actinica), auch Unterarme und Handrücken.

Die Diagnose erfolgt im Allgemeinen anhand von Anamnese, Klinik und typischem Tastbefund. Differenzialdiagnostische Überlegungen müssen andere epitheliale Tumoren (insbesondere Plattenepithelkarzinome, Basaliome), aber auch benigne Dermatosen wie Ekzeme und Mykosen berücksichtigen. Im Zweifelsfall sollte eine bioptische Sicherung erfolgen. Ca. 50 % der Plattenepithelkarzinome entwickeln sich aus AK, wobei davon ausgegangen wird, dass bis zu 20 % der Patienten mit Feldkanzerisierung innerhalb von zehn Jahren ein invasives Karzinom entwickeln.

Therapieoptionen

Prinzipiell lassen sich dabei läsionsgerichtete von flächengerichteten (Feldkanzerisierung) Therapien unterscheiden und neben chirurgischen physikalische, chemische und immunmodulierende Verfahren. Unabdingbar ist ein konsequenter UV-Schutz (Hut, langärmelige Hemden) sowie Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor. Da sich nicht vorhersehen lässt, welche Läsion sich zu einem invasiven Plattenepithelkarzinom entwickeln wird, ist eine frühzeitige Therapie dieser Präkanzerosen ratsam. Ein Überblick über die Vielzahl an zurzeit verfügbaren Therapien wird im Folgenden dargestellt.

Chirurgische Verfahren

Die Exzision bietet sich bei Vorliegen nur einzelner Läsionen und/oder bei Verdacht auf invasives Wachstum an, bietet sie doch den großen Vorteil einer histologischen Aufarbeitung des Exzidats. Von Nachteil sind der höhere logistische Aufwand mit Notwendigkeit einer Lokalanästhesie und mögliche Risiken wie Wundinfektionen und Narbenbildung.

Abwandlungen der klassischen Exzision stellen die Kürettage und das oberflächliche Abtragen mit dem Skalpell (Shave-Exzision) dar. Die histologische Beurteilung kann bei diesem Vorgehen nicht immer ein invasives Wachstum ausschließen.

Physikalische Verfahren

Physikalische Verfahren nutzen vor allem Kälte und Hitze zur Zerstörung der Läsionen. Vorteil ist die Möglichkeit der Behandlung größerer Areale (Feldkanzerisierung) und des geringeren Aufwands gegenüber einem operativen Eingriff. Zu beachten ist jedoch die fehlende Möglichkeit einer histologischen Beurteilung.

Bei der Kryotherapie kommt flüssiger Stickstoff im sogenannten offenen Sprühverfahren oder im Kontaktverfahren zum Einsatz, wo Metallsonden unterschiedlicher Größe von flüssigem Stickstoff umspült und direkt auf die Haut aufgesetzt werden. Sie bietet sich zur Anwendung einzelner Läsionen an. Nachteile der Therapie sind die fehlende Standardisierung hinsichtlich der Kontakt- bzw. Einwirkzeit, der Abstände und der Wiederholung der einzelnen Applikationen. Die Methode ist sehr abhängig von der Erfahrung des Anwenders. Patienten müssen über die Schmerzhaftigkeit der Behandlung, die Möglichkeit von lokalen Reaktionen bis zur Blasenbildung und die Möglichkeit einer Pigmentverschiebung (Hypopigmentierung durch kältebedingten Melanozytenuntergang) aufgeklärt werden.

Bei der Elektrodesikkation erfolgt die Zerstörung des Gewebes durch Hochfrequenzströme. Vergleichbar mit den bereits genannten Verfahren fehlt auch hier die histologische Sicherung. Die Therapie kann schmerzhaft für den Patienten sein und bietet mögliche Nebenwirkungen wie Wundinfektionen, Wundheilungsstörungen und Pigmentverschiebungen.

Alle genannten Nachteile gelten in ähnlicher Art für ablative Verfahren mittels Laser (Erbium-YAG-Laser, CO₂-Laser). Eine histologische Sicherung ist nicht möglich, das Verfahren kann schmerzhaft sein und bei zu tiefer Ablation Narben hinterlassen. Postinterventionelle Hypopigmentierungen können durch Zerstörung von Melanozyten ebenfalls auftreten. Die Rezidivrate soll höher als bei den vorherigen Therapieoptionen sein.

Die photodynamische Therapie (PDT) ist neben der läsion- vor allem zur feldbasierten Behandlung geeignet. Die verwendete 5-Aminolävulinsäure (Ameluz®) bzw. ihr Methylester Methyl-5-amino-4-oxopentanoat (Metvix®) sind Vorläufer des lichtempfindlichen Protoporphyrin IX, welches sich relativ selektiv in Tumorzellen anreichert. Unter der Bestrahlung mit Licht bestimmter Wellenlängen zerfällt der Photosensibilisator unter Ausbildung reaktiver Sauerstoffspezies, die zum Tumoruntergang führen. Der Photosensibilisator ist als Creme und an ein Pflaster (Alacare®) gebunden erhältlich und wird auf die zu behandelnden Areale bzw. Läsionen aufgetragen und anschließend lichtdicht abgedeckt. Bis zur Belichtung muss eine Einwirkzeit von ca. vier Stunden eingehalten werden. Die Patienten sind über Nebenwirkungen wie Schmerzen, Rötung und mögliche Blasenbildung aufzuklären. Posttherapeutische Hypo- oder Hyperpigmentierungen sind deutlich seltener als bei den bisher beschriebenen Verfahren, die Rezidivhäufigkeit wird als geringer als bei den anderen Verfahren bewertet. Die Therapie zeigt einen großen Vorteil in der Möglichkeit der Behandlung größerer Areale bei Feldkanzerisierung. Neue Therapieansätze verfolgen die Möglichkeit einer „Daylight-PDT“. Nach ausreichend langer Anwendung des Lichtsensibilisators soll die Belichtung durch einen zwei- bis dreistündigen Aufenthalt im Freien erfolgen.

Chemische Verfahren

Bereits seit Ende der 1960er Jahre ist 5-Fluorouracil (5-FU, Efudix®) zur Behandlung von aktinischen Keratosen zugelassen. Das topisch verwendete Zytostatikum kann an einzelnen Läsionen, aber auch großflächiger aufgetragen werden. In der Zulassung wird eine zweimalige Anwendung pro Tag über zwei bis vier Wochen empfohlen. Das Präparat kann zu Brennen und Schmerzen führen. Weitere mögliche Nebenwirkungen umfassen neben Erythemen eine Hautschädigung bis zu Erosionen und Ulzerationen mit Abheilung unter Narbenbildung bzw. Hyperpigmentierung. Die Nebenwirkungen sind auf das Anwendungsgebiet beschränkt und bilden sich nach Beendigung der Therapie meist rasch zurück.

In Kombination mit Salicylsäure ist 5-FU (Actikerall®) zur läsionsgerichteten Therapie als Lack erhältlich. Durch den keratolytischen Effekt der Salicylsäure wird eine bessere Penetration des Zytostatikums insbesondere bei dickeren, hyperkeratotischen AK erreicht. Die Anwendung erfolgt einmal täglich über sechs bis zwölf Wochen. Nebenwirkungen wie Rötung, Brennen und Schmerzen sind auf das Anwendungsgebiet beschränkt und meistens gering ausgeprägt.

Eine weitere topische Therapiemöglichkeit ist 3-prozentiges Diclofenac-Na in Hyaluronsäure-haltiger Gelgrundlage (Solaraze®). Die Anwendung erfolgt zweimal täglich über 90 Tage und sieht insbesondere die Behandlung größerer Flächen bei Feldkanzerisierung vor. Der noch nicht vollständig aufgeklärte Wirkmechanismus wird in der Hemmung der Enzyme Cylcooxygenase I und II (COX) und der daraus resultierenden Reduktion von Zellteilung und Angiogenese vermutet. Nebenwirkungen wie Brennen, Juckreiz und Rötung im Bereich der Applikation sind meist milde ausgeprägt und bilden sich im Anschluss an die Therapie schnell zurück. Kontaktsensibilierungen sind möglich und würden die weitere Anwendung verbieten.

Das aus der Wolfsmilch Euphorbia gewonnene Ingenolmebutat (Picato®) ist seit 2013 zur Behandlung aktinischer Keratosen zugelassen. In der Volksmedizin ist die Anwendung von Milchsäften diverser Pflanzen seit Langem bekannt. Chemisch handelt es sich um einen Dipertenester. Die genaue zytotoxische Wirkung ist noch nicht abschließend geklärt. Zur Behandlung von maximal 25 cm² Körperoberfläche kommen entweder eine 0,015-prozentige Gelzubereitung an drei aufeinanderfolgenden Tagen im Gesicht und Capillitium oder ein 0,05-prozentiges Gel an zwei Tagen am Stamm und den Extremitäten zur Anwendung. Die Patienten sind darüber aufzuklären, dass ab dem dritten bis vierten Tag nach Beginn der Behandlung mit ausgeprägten Nebenwirkungen wie Brennen, Schmerzen, aber auch Rötungen, Schwellungen und Pustelbildung zu rechnen ist. Diese Entzündungsreaktion heilt in aller Regel narbenfrei innerhalb von 14 bis 28 Tagen ab, kann jedoch postinflammatorische Hyperpigmentierungen hinterlassen.

Immunmodulierende Verfahren

Imiquimod, ein Immunmodulator aus der Gruppe der Toll-like-Rezeptor-Agonisten, stimuliert nach Bindung an den entsprechenden Rezeptor die örtliche Immunreaktion im Rahmen einer sterilen Entzündungsreaktion. Zugelassen sind mittlerweile zwei unterschiedliche Konzentrationen. Die 5-prozentige Formulierung (Aldara®) wird dreimal pro Woche über vier Wochen aufgetragen, wobei die zu behandelnde Fläche nicht größer als 25 cm² sein soll. Nach Abschluss der Therapie und einem therapiefreien Intervall von vier Wochen kann ein erneuter Zyklus erfolgen. Die Zubereitung mit 3,75-prozentigem Imiquimod (Zyclara®) ist für die Behandlung des Gesichts und gesamten Capillitiums zugelassen, die Anwendung erfolgt hier täglich über 14 Tage, nach zwei Wochen Therapiepause ist auch hier ein erneuter Zyklus über 14 Tage möglich.

Bei der Wahl des Behandlungsverfahrens sollten – neben der Erfahrung mit den jeweiligen Präparaten bzw. Methoden durch den Anwender – der klinische Befund und die Vorstellungen des Patienten berücksichtigt werden (läsions-/feldgerichtete Therapie, Selbstanwendung durch Patienten, zu erwartende Nebenwirkungen, Dynamik der Nebenwirkungen). Eine Kombinations- bzw. sequentielle Therapie hat sich bewährt, allerdings existieren zurzeit keine leitlinienorientierten Empfehlungen hinsichtlich der Reihenfolge einzelner Verfahren und Wirkstoffe.

Grundsätzlich sollte bei Vorliegen einer Feldkanzerisierung zunächst eine flächenorientierte Therapie begonnen werden, die ggf. durch ein läsionsorientiertes Verfahren im Anschluss ergänzt werden kann. Hyperkeratotische AK können zunächst kürettiert oder mittels ablativem Laser vorbehandelt werden, um die Penetration der topischen Therapien zu verbessern.

Bei ausbleibender Wirkung von Therapien muss eine Biopsie zum histologischen Ausschluss einer Invasivität erfolgen.

Ungeachtet der gewählten Therapieoption beträgt die Rezidivhäufigkeit der AK zwischen 10 und 50 %. Der Vorteil der hier dargestellten Therapien besteht jedoch in der Möglichkeit der wiederholten und/oder alternierenden Anwendung.

In Studien konnte gezeigt werden, dass die tägliche Anwendung von Lichtschutzpräparaten die Entwicklung neuer AK verringern kann. Die regelmäßige Kontrolluntersuchung der Patienten mit Betonung des textilen und topischen Sonnenschutzes ist daher dringend zu empfehlen.

Fazit

Die aktinische Keratose (AK) wird zunehmend häufiger gesehen, wobei das steigende Lebensalter, die Freizeitaktivitäten und die Sonnenstudios eine Rolle spielen. Die Diagnose kann meist allein durch die Inspektion erfolgen, eher selten ist eine Histologie erforderlich. Es stehen mehrere Therapieoptionen zur Verfügung: Die chirurgische (im einfachsten Fall Dermabrasion), physikalische Maßnahmen (Kryotherapie, Elektrodesikkation), eine photodynamische Therapie und die Behandlung mit verschiedenen topisch wirksamen Substanzen. Bei der Vielzahl der Variablen – Ausdehnung und Entwicklungsstadium der Läsion, persönliche Erfahrung des Arztes – wird die Therapie notwendigerweise individuell ausfallen. Wichtig ist als Prophylaxe und Rezidivprophylaxe eine Abdeckung der Haut (breitkrempiger Hut, langärmelige Hemden) sowie die Verwendung von Sonnenschutzpräparaten mit hohem Lichtschutzfaktor.

Interessenkonflikte

B. Hermes hat eine Kostenvergütung der Firma Leo Pharma GmbH für den Besuch eines Symposiums sowie Vergütungen der Firmen Galderma Laboratorium GmbH und Spirig Pharma GmbH für die Organisation von Fortbildungsveranstaltungen erhalten.

Ein Interessenkonflikt wird vom Autor K.-C. Heronimus verneint.

Literatur

Die Literatur kann bei den Autoren angefordert werden.