Metoclopramid in der Schwangerschaft − kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen und Spontanaborte

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2015

Autor

Zahlreiche Studien haben sich mit der Verträglichkeit von Antiemetika in der Schwangerschaft beschäftigt. Ernsthafte Verdachtsmomente bezüglich Fehlbildungs- und Abortrisiko haben sich bisher für keines der eingehender untersuchten Antiemetika ergeben. Angesichts der relativ weiten Verbreitung von Metoclopramid als Reserve-Antiemetikum in vielen Ländern ist der Umfang an Studien zur Sicherheit in der Schwangerschaft zu diesem Wirkstoff jedoch begrenzt. Daher ist die kürzlich veröffentlichte Studie aus Dänemark (1) interessant, die Metoclopramid auf der Basis verschiedener nationaler Registerdatenbanken, wie dem Medizinischen Geburtsregister und der Nationalen Patientendatenbank untersucht. Zur Analyse der Fehlbildungen wurden alle Einlingsschwangerschaften mit Lebendgeburt herangezogen, für das Spontanabortrisiko alle Schwangerschaften, die mindestens sechs Wochen erreicht hatten. Als Vergleichsgruppe zählten alle Schwangeren ohne Metoclopramid-Exposition, der Studienzeitraum war 1997−2011. Es fanden sich 721 grobstrukturelle (major) Fehlbildungen unter den 28.486 Schwangeren, die Metoclopramid im 1. Trimenon eingenommen hatten; in der Kontrollgruppe waren es 3.024 Fehlbildungen auf 113.698 Schwangere. Daraus ergibt sich eine unauffällige Odds Ratio von 0,93 (95 % CI 0,86–1,02). Bei den Spontanaborten wurde eine Hazard Ratio von 0,35 (95 % CI 0,33-0,38) errechnet. Zusätzlich zur Gesamtrate großer Fehlbildungen wurden 20 Fehlbildungsklassen im Detail betrachtet. Für keine dieser Klassen fand sich für Metoclopramid ein erhöhtes Risiko. Für 17 von 20 Fehlbildungsklassen konnte man aufgrund der Studiengröße ein höheres Risiko als 2 ausschließen.

Das Studienergebnis beruhigt also: kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko und sogar ein signifikant geringeres Risiko für Spontanaborte. Letzteres ist allerdings kein protektiver Effekt des Metoclopramid sondern ein bekanntes Phänomen, das auf die zugrundeliegende Symptomatik als Indikator einer stabilen Schwangerschaft hinweist – unabhängig von der Art der antiemetischen Therapie. Das Ergebnis dieser Arbeit erscheint plausibel und entspricht den Ergebnissen anderer Autoren. Dennoch sollten die zahlreichen Schwangerschafts-verlaufsstudien auf der Basis (skandinavischer) Registerdaten nicht unkritisch betrachtet werden. Aufgrund ihrer auf nationalen Erhebungen beruhenden hohen Fallzahlen und der Veröffentlichung in Fachzeitschriften mit hohem Impactfaktor beeindrucken sie zweifelsohne. Zu den entscheidenden Schwächen dieser Studien zählt die Ungewissheit, wann genau, wenn überhaupt, das Studienmedikament eingenommen wurde. Diese Ungewissheit wird in der vorliegenden Untersuchung gemindert, aber nicht beseitigt durch gesonderte Prüfung der Schwangerschaftsergebnisse nach Einlösung von zwei oder mehr Metoclopramid-Rezepten als Indikator für Therapietreue.

Die Vergleichsgruppe schließt in der vorliegenden Arbeit alle übrigen Schwangerschaften ein, also auch jene mit möglicherweise teratogenen oder fetotoxischen Medikamenten. Dies könnte zu einer „Abschwächung“ tatsächlicher Effekte des Studienmedikaments führen. Die Spontanabortrate basiert bei der Metoclopramid-Studie auf Schwangerschaften, die mindestens sechs Wochen erreicht hatten und bildet daher nur einen Teil der diesem Risiko unterworfenen Kohorte ab. In den meisten Schwangerschaftsverlaufsstudien wird der bei Beobachtungsstudien typische verspätete und uneinheitliche Studieneintritt bei der Bestimmung der Abortrate nicht berücksichtigt. Ferner werden die sogenannten konkurrierenden Risiken, in diesem Fall der induzierte Schwangerschaftsabbruch, nicht einbezogen. Diese und andere methodische Schwächen werden durch große Kohorten mit beeindruckender statistischer „Power“ nicht kompensiert.

Fazit

Metoclopramid erhöht nach heutigem Wissen weder die Fehlbildungsrate noch das Spontanabortrisiko. Es kann daher bei unzureichender Wirkung von Erstlinien-Antiemetika wie z. B. Antihistaminika, Vitamin B6, Ingwerpräparaten etc. in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Das sehr bewährte und gut verträgliche Antihistaminikum Meclozin als Mittel der Wahl bei Übelkeit in der Schwangerschaft wurde 2007 aufgrund betriebswirtschaftlicher Erwägungen vom Markt genommen und kann nur noch aus dem Ausland bezogen werden.

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird vom Autor verneint.

Literatur
  1. Pasternak B, Svanstrom H, Molgaard-Nielsen D et al.: Metoclopramide in pregnancy and risk of major congenital malformations and fetal death. JAMA 2013; 310: 1601-1611.