Probiotika zur Vorbeugung von Antibiotika- bzw. Clostridien-assoziierten Diarrhoen – Nachweis der Wirkung fehlt

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2015

Autor

Die Idee, eine Antibiotika-assoziierte Diarrhoe (AAD) oder eine Clostridium-difficile-Diarrhoe (CDD) durch die Gabe von geeigneten Bakterienkulturen gleichsam schon im Entstehen zu verhindern, ist verlockend. Wir hatten zweimal in AVP hierzu berichtet (1;2). In beiden Mitteilungen konnten wir nicht zu einem klaren Urteil kommen, jedenfalls aber stellten wir uns nicht strikt gegen solche Versuche, da sie zumindest nicht schaden können und somit ein wichtiges Postulat des Hippokrates „primum nil nocere“ (auf keinen Fall schaden) erfüllen.

Im Lancet erschien nun eine aufwändige Arbeit (3), die keine Illusion mehr lässt: Ein Nutzen ist nicht nachweisbar, zumindest nicht in der in dieser Untersuchung verwandten Konstellation. Untersucht wurden 17.420 Patienten, die Antibiotika erhalten hatten. Sie wurden randomisiert einer Gruppe zugeteilt, die eine Kapsel mit Bakterien erhielt (1470 Patienten) und einer Placebo-Gruppe von 1471 Patienten. Die Differenz zur Gesamtzahl ergibt sich, da nur ein Teil der Patienten auswertbar war. Die Verum-Kapseln enthielten 6 x 1010 lyophilisierte lebende Bakterien. Es wurden zwei genau definierte Stämme von Lactobacillus acidophilus und zwei genau definierte Stämme von Bifidobacterium bifidum verwandt. Die Randomisierung ergab bezüglich Alter, Geschlecht, Zweiterkrankungen (z. B. Diabetes, COPD) keine Differenz. Auch bei den verwandten Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine, Chinolone, Makrolide u. a.) ergab sich kein Unterschied.

Eine Antibiotika-assoziierte Diarrhoe war insgesamt mit rund 10 % nicht sehr häufig. Sie trat in der Verum-Gruppe 159-mal, in der Placebo-Gruppe 153-mal auf. Eine Clostridium-difficile-Diarrhoe trat bei Verum 12-mal, bei Placebo 17-mal auf, war also bei Verum nicht eindeutig seltener. Selbst wenn man andere Symptome wie Tenesmen, Bauchschmerzen und Flatulenz einbezieht, ergeben sich keine Differenzen.

Die Autoren empfehlen, weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet nur dann vorzunehmen, wenn sich aus anderen Untersuchungen die Vermutung ergibt, dass andere Bakterienstämme in dieser Indikation wirksamer sein könnten als die hier verwandten.

Fazit

In einer aufwändigen Studie erhielten mit Beginn der Antibiotikatherapie 1471 Patienten eine Kapsel Placebo und 1470 Patienten eine Kapsel mit je zwei genau definierten lyophilisierten Stämmen von Lactobacillus acidophilus und Bifidobacterium bifidum in hoher Zahl (6 x 1010 Keime) Bei gleicher Verteilung in Bezug auf die Ausgangssituation (Antibiotikum, zusätzliche Erkrankungen u. a.) konnten zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede im Auftreten einer Antibiotika-assoziierten Diarrhoe oder einer Clostridium-difficile-Diarrhoe festgestellt werden.

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird vom Autor verneint.

Literatur
  1. Höffler U: Probiotika – Werbung und Wirkung. Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) 2008; 35: 23-24.
  2. Adam D: Probiotika, sind sie doch nützlich? Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) 2013; 40: 15-16.
  3. Allen SJ, Wareham K, Wang D et al.: Lactobacilli and bifidobacteria in the prevention of antibiotic-associated diarrhoea and Clostridium difficile diarrhoea in older inpatients (PLACIDE): a randomised, double-blind, placebo-controlled, multicentre trial. Lancet 2013; 382: 1249-1257.