Peripherer arterieller Verschluss im Zusammenhang mit Zolmitriptan (Aus der UAW-Datenbank)
Deutsches Ärzteblatt, Jg. 110, Heft 1-2, 07.01.2013
Deutsches Ärzteblatt, Jg. 110, Heft 1-2, 07.01.2013
Triptane sind selektive Serotoninrezeptoragonisten (5-HT1B/1D) und indiziert zur Akutbehandlung von Migräne- und Clusterkopfschmerzen. Ihr Einsatz wird empfohlen, wenn Analgetika und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) nicht ausreichend wirksam sind (1). Die Verordnungen von Triptanen haben sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt und lagen zuletzt bei knapp 20 Mio. DDD (2).
Der AkdÄ wurde der Fall einer 44-jährigen Patientin mit langjähriger Migräne berichtet, die das trizyklische Antidepressivum Nortriptylin sowie im Migräneanfall Zolmitriptan Nasenspray angewendet hat (AkdÄ-Fall Nr. 152645). Aus der Vorgeschichte der Patientin ist ein Übergebrauch von Schmerzmitteln bekannt; Zolmitriptan wurde von ihr bis zu zehnmal pro Monat angewendet. Es wird ein Konsum von etwa vier bis fünf Zigaretten pro Tag angegeben, kardiovaskuläre Vorerkrankungen sind nicht bekannt. Wegen Schmerzen im rechten Fuß seit etwa vier Wochen und livider Verfärbung der dritten und vierten Zehe wird die Patientin stationär aufgenommen. Eine Angiographie zeigt eine nach distal zunehmende Verschmächtigung der Arteria tibialis anterior, die distal verschlossen ist. Es gibt keine Hinweise auf Thromben und keine wesentliche Arteriosklerose. Die Patientin wird über zehn Tage mit Infusionen des Prostaglandins Alprostadil behandelt und ist danach beschwerdefrei. Duplexsonographisch ist die A. tibialis anterior bei Entlassung bis in den Fußbereich biphasisch perfundiert darstellbar.
Triptane bewirken im Migräneanfall eine Konstriktion von erweiterten meningealen Blutgefäßen und hemmen die Freisetzung von Neuropeptiden aus meningealen Trigeminusfasern. Im oben dargestellten Fall vermuteten die behandelnden Ärzte als Ursache für die periphere Ischämie einen medikamentös-induzierten Gefäßspasmus. Hierfür sprechen das angiographische Befallsmuster wie bei einem Vasospasmus, ähnlich wie er für Ergotamin bekannt ist (3), das Fehlen von Arteriosklerose und die rasche Besserung durch Alprostadil. Aufgrund der gefäßverengenden Eigenschaften sind Triptane kontraindiziert bei Patienten mit mittelschwerer, schwerer oder schlecht eingestellter Hypertonie sowie bei koronarer Herzkrankheit, Koronarspasmen oder arterieller Verschlusskrankheit (siehe Tabelle). Auch bei Patienten mit Schlaganfall oder transitorischen ischämischen Attacken (TIA) in der Vorgeschichte dürfen sie nicht angewendet werden (4).
In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems sind insgesamt 1340 Verdachtsberichte unerwünschter Arzneimittelwirkungen von Triptanen erfasst. Am häufigsten werden Brustkorbschmerzen, Übelkeit und Schwindelgefühl berichtet. Neben dem oben dargestellten Fall findet man einzelne weitere Meldungen, in denen eine periphere Ischämie in Zusammenhang mit der Einnahme eines Triptans berichtet wird. In der Literatur werden kasuistisch Ischämien in verschiedenen Körperregionen unter Triptaneinnahme beschrieben (5–7). Nach unserer Recherche wurden bislang jedoch keine Fälle von peripheren Ischämien publiziert.
Die kardiovaskuläre Sicherheit von Triptanen wurde in mehreren Studien gezeigt (8,9). Allerdings werden Triptane aufgrund der Kontraindikationen nur bei Patienten verschrieben, die per se ein geringes Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen haben. In dem von uns dargestellten Fall gibt es Hinweise darauf, dass das Triptan sehr häufig angewendet wurde, was möglicherweise zu der ungewöhnlichen Reaktion beigetragen hat. Jedoch hat in einer Untersuchung auch ein übermäßiger Gebrauch von Triptanen (mehr als 90 definierte Tagesdosen pro Jahr) zu keiner Erhöhung des Risikos von ischämischen Komplikationen geführt (10).
Bei Patienten, die unter Triptananwendung Symptome entwickeln, die auf eine periphere Ischämie hinweisen, sollte auch eine unerwünschte Arzneimittelwirkung als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden. Dies gilt auch, wenn keine weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren vorliegen. Bei der Verordnung von Triptanen bzw. der Abgabe von rezeptfreien Darreichungsformen sollten Patienten über mögliche Nebenwirkungen und Symptome, die auf ein ischämisches Ereignis hindeuten können, aufgeklärt werden.
Überempfindlichkeit gegenüber Zolmitriptan oder einen der sonstigen Bestandteile
Mittelschwere oder schwere Hypertonie sowie unzureichend eingestellte leichte Hypertonie
Myokardinfarkt in der Vorgeschichte, koronare Herzkrankheit, Koronarspasmen (Prinzmetal-Angina) oder arterielle Verschlusskrankheit
Schlaganfall oder transitorische ischämische Attacke (TIA) in der Vorgeschichte
Kreatinin-Clearance < 15 ml/min.
Ergotamin, Ergotaminderivaten (einschließlich Methysergid) und anderen 5-HT1B/1D-Rezeptoragonisten
Vorsicht bei gleichzeitiger Anwendung von Moclobemid, Cimetidin, Fluvoxamin und Chinolonen
* für umfassende Angaben siehe Fachinformation
Literatur