Leberversagen durch Quetiapin (Seroquel®) (UAW-News - International)

Zu den Aufgaben der AkdÄ gehören die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Die AkdÄ möchte Sie im Folgenden über Publikationen und Meldungen aus dem internationalen Raum informieren und hofft, Ihnen damit nützliche Hinweise auch für den Praxisalltag geben zu können.

Quetiapin (Seroquel®) gehört zu den atypischen Neuroleptika und ist zugelassen zur Behandlung der Schizophrenie und von mäßigen bis schweren manischen Episoden. Es konnte nicht gezeigt werden, dass Seroquel das Wiederauftreten manischer oder depressiver Episoden verhindert (Rote Liste 2005). Die Verordnungshäufigkeit innerhalb der GKV lag 2004 bei 9,3 Mio. DDD, mit einer Steigerung um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr (1).

Es wird jetzt über eine 58-jährige Patientin berichtet (2), die wegen einer bipolaren Erkrankung mit Quetiapin und Lithium behandelt wurde. Einen Monat nach Beginn der Behandlung mit Quetiapin (100 mg/Tag) zeigten sich erhöhte Leberenzyme.

Die Patientin litt weiterhin unter Diabetes mellitus, Hypertonie und Hypothyreose. Sie erhielt deshalb Metformin, Ramipril und eine Schilddrüsenhormon-Ersatztherapie. Die Leberenzyme waren vor Beginn der Therapie mit Quetiapin normal. Nunmehr fanden sich deutlich erhöhte Werte: GPT (ALAT) 1245 U/l (normal: 4-10 U/l), GOT (ASAT) 982 U/l (normal: 5-10 U/l), alkalische Phosphatase 265 U/l (normal: 30-120 U/l) und ein Gesamt-Bilirubin von 17,4 mg/dl. Eine Hepatitis konnte ausgeschlossen werden. Der klinische Verlauf war gekennzeichnet durch eine allgemeine Verschlechterung des Zustandes, und es kam zu einer Enzephalopathie. Die Patientin musste intensiv medizinisch behandelt werden und verstarb im weiteren Verlauf an den Folgen einer Staphylokokkensepsis. Den Kausalzusammenhang begründen die Autoren mit der engen zeitlichen Koinzidenz zwischen Anstieg der Leberenzyme und Beginn der Quetiapin-Behandlung bei zuvor normalen Leberwerten sowie dem Ausschluss anderer Ursachen. Sie gehen von einer Idiosynkrasie aus.

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ; Stand: 25.11.2005) sind 431 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) im Zusammenhang mit Quetiapin erfasst. Davon betrafen zehn Meldungen (2,3 Prozent) Störungen des Leber-Galle-Systems. Berichtet wurde vornehmlich über Leberenzymerhöhungen und allgemeine Leberfunktionsstörungen. Ein akutes Leberversagen wurde bislang nicht gemeldet.

In der Fachinformation zu Seroquel® wird auf häufige Erhöhung der Serumtransaminasen (GOT, GPT) sowie den gelegentlichen Anstieg der Gamma-GT als unerwünschte Wirkungen hingewiesen. Selten träten ein Ikterus und sehr selten eine Hepatitis auf (3).

Wie andere atypische Neuroleptika wird auch Quetiapin versuchsweise als Stimmungsstabilisator als Alternative zu oder in Kombination mit Lithiumsalzen bei Patienten mit einer manisch-depressiven Erkrankung eingesetzt. Ob die Kombination im vorliegenden Fall rational begründet war, kann von uns aus nicht entschieden werden.

Die AkdÄ empfiehlt eine erhöhte Aufmerksamkeit bei der Verordnung von Quetiapin. Da der Wirkstoff extensiv in der Leber metabolisiert wird, ist bei Patienten mit bekannten Leberfunktionsstörungen oder vorgeschädigter Leber Vorsicht geboten. Insbesondere sollten notwendige Dosisanpassungen bedacht und Leberwertkontrollen durchgeführt werden.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur
1. Schwabe U, Paffrath P (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2004. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2005.


2. El Hajj IE, Sharara AI, Rockey DC: Subfulminant liver failure associated with quetiapine. Eur J Gastroenterol Hepatol 2004; 16: 1415-1418.


3. Fachinformation Seroquel® Filmtabletten, September 2004.