Akute interstitielle Nephritis unter Protonenpumpeninhibitoren (UAW-News - International)

Protonenpumpeninhibitoren (PPI) werden eingesetzt zur Behandlung der gastroösophagealen Refluxkrankheit sowie zur Therapie und Prävention von Ulzerationen im oberen Gastrointestinaltrakt. Sie sind mengenmäßig die bedeutsamste Gruppe der Magen-Darm-Mittel und wurden 2005 mit 760 Mio. DDD verordnet, entsprechend einer Steigerung von 26 % gegenüber dem Vorjahr (1). Die PPI sind im Allgemeinen gut verträglich. Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) sind gastrointestinale Störungen (Oberbauchbeschwerden, Durchfall), Kopfschmerzen, Schwindel und Sehstörungen. Die AkdÄ hatte bereits 2003 in der Rubrik "Aus der UAW-Datenbank" über eine interstitielle Nephritis bei einer 72-jährigen Patientin nach Einnahme von Pantoprazol über vier Wochen berichtet und auf Literaturstellen verwiesen, in denen diese UAW im Zusammenhang mit Omeprazol dargestellt wurden (2).

In den letzten Jahren wurden auch Fälle von akuten interstitiellen Nephritiden nach der Einnahme von Esomeprazol, Rabeprazol und Lansoprazol publiziert, sodass von einer Gruppeneigenschaft der PPI ausgegangen werden kann (3–5). Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Neuseeland untersuchte 15 mit der Einnahme von PPI assoziierte Fälle von akutem Nierenversagen, die zwischen 2002 und 2005 in einem Einzugsgebiet von 1,3 Mio. Einwohnern erfasst wurden (6). Bei 12 der 15 Patienten wurde eine akute interstitielle Nephritis durch eine Nierenbiopsie bestätigt. Das Patientenalter lag zwischen 55 und 86 Jahren (im Mittel 75 Jahre). Vier Patienten hatten klinische Zeichen einer allergischen Reaktion, elf waren primär asymptomatisch mit schleichender Entwicklung eines Nierenversagens. Regelhaft waren das C-reaktive Protein und die BSG erhöht. Ein Patient war passager dialysepflichtig. Bei der Mehrzahl der Patienten blieb eine Einschränkung der Nierenfunktion bestehen. Die Autoren schätzen anhand ihrer Studie die Inzidenz der akuten interstitiellen Nephritis unter Einnahme von PPI auf 8 Fälle pro 100.000 Patientenjahre. Im untersuchten Zeitraum waren PPI die häufigste Ursache einer akuten interstitiellen Nephritis, was von den Autoren auf die hohen Verordnungszahlen zurückgeführt wird.

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: Juli 2007) sind 2086 UAW-Verdachtsfälle nach Gabe von PPI erfasst. Elfmal wird eine interstitielle Nephritis genannt. Davon waren sechs Fälle im Zusammenhang mit der Einnahme von Omeprazol, vier nach Pantoprazol und einer nach Rabeprazol aufgetreten.

Eine akute interstitielle Nephritis ist eine sehr seltene UAW von PPI, die jedoch aufgrund der hohen Verordnungszahlen für die ärztliche Praxis relevant sein kann. In den vorliegenden Studien waren in erster Linie ältere Patienten betroffen, was aber auch an der vermehrten Einnahme von PPI in dieser Altersgruppe liegen kann. Wie eine aktuell publizierte Auswertung von 60 Verdachtsfällen PPI-assoziierter interstitieller Nephritis gezeigt hat, ist die initiale Symptomatik häufig unspezifisch (Übelkeit, Erbrechen, allgemeines Unwohlsein) und kann der Symptomatik ähneln, die zur Gabe des PPI geführt hat (7). Daher sollte insbesondere bei unspezifischen Allgemeinsymptomen oder erhöhten Entzündungswerten unklarer Genese unter PPI an diese seltene UAW gedacht werden, da nur durch Absetzen des PPI sowie eine frühzeitige Diagnose und Therapie eine dauerhafte Einschränkung der Nierenfunktion vermieden werden kann.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur
1. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2006. Heidelberg: Springer Medizin Verlag, 2007.


2. AkdÄ: "Aus der UAW-Datenbank": Interstitielle Nephritis unter Pantoprazol. Dtsch Arztebl 2003; 100: A 1387.


3. Geevasinga N, Kairaitis L, Rangan GK, Coleman PL: Acute interstitial nephritis secondary to esomeprazole. Med J Aust 2005; 182: 235–6.


4. Geevasinga N, Coleman PL, Roger SD: Rabeprazole-induced acute interstitial nephritis. Nephrology (Carlton) 2005; 10: 7–9.


5. Torpey N, Barker T, Ross C: Drug-induced tubulo-interstitial nephritis secondary to proton pump inhibitors: experience from a single UK renal unit. Nephrol Dial Transplant 2004; 19: 1441–6.


6. Simpson IJ, Marshall MR, Pilmore H, Manley P, Williams L, Thein H et al.: Proton pump inhibitors and acute interstitial nephritis: report and analysis of 15 cases. Nephrology (Carlton) 2006; 11: 381–5.


7. Sierra F, Suarez M, Rey M, Vela MF: Systematic review: Proton pump inhibitor-associated acute interstitial nephritis. Aliment Pharmacol Ther 2007; 26: 545–53.