Sulfonylharnstoffe und kardiovaskuläre Komplikationen

Der nachfolgende Leserbrief wurde am 20.06.2014 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht. Den Originaltext mit Literaturverzeichnis finden Sie hier: http://www.aerzteblatt.de/archiv/160744/Skepsis-nicht-nachvollziehbar.

Skepsis nicht nachvollziehbar

Dtsch Arztebl Int 2014; 111(25): 433; DOI: 10.3238/arztebl.2014.0433a Abholz, Heinz-Harald; Egidi, Günther; Müller, Ulrich Alfons; Spranger, Joachim zu dem Beitrag Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 von Prof. Dr. med. Andreas F. H. Pfeiffer, Prof. Dr. med. Harald H. Klein in Heft 5/2014.

Die geäußerte Skepsis gegenüber Sulfonylharnstoffen (SH) ist nicht nachvollziehbar. In einer aktuellen Cochrane Metaanalyse haben SH der zweiten Generation weniger kardiovaskuläre Nebenwirkungen als Metformin, die Mortalität ist gleich. Die zitierten retrospektiven Daten haben demgegenüber geringe Evidenz. Konkretisierende Daten zu Nebenwirkungen von SH fehlen im Artikel. Die Gewichtszunahme durch SH ist klinisch nicht relevant: 1,3 kg in 2 Jahren und 1,7 kg in 10 Jahren (UKPDS). Unterzuckerungen durch Sulfonylharnstoffe sind selten: Etwa 0,5/Pat/J beispielsweise unter Glimepirid + Metformin. Diese Hypoglykämien sind ganz überwiegend leicht und treten meist im ersten Vierteljahr nach Therapiebeginn auf, wenn HbA1c-Werte in den SH-Gruppen stärker abfallen als in der Vergleichsgruppe.

Die Autoren schreiben, dass die Therapie mit DPP4-Hemmern keine Hypoglykämien verursacht. In der Kombination mit Insulin oder insulinotropen Substanzen wird das Hypoglykämierisiko durch DPP4-Hemmer gesteigert und es muss gegebenenfalls eine Anpassung der Therapie erfolgen.

Die Evidenz für die dargestellten Lebensstilinterventionen ist gering. Beispielhaft sei genannt, dass die Lebensstilintervention in der Look-Ahead-Studie kardiovaskuläre Endpunkte nicht verhindert hat.

Bezüglich GLP1-Analoga ist bezogen auf klinische Endpunkte kein Vorteil belegt. Es gibt keine ausreichend großen Studien, die das Pankreaskarzinomrisiko unter GLP-1-Analoga wirklich belegen oder ausräumen. Die vermehrten Spontanmeldungen von Pankreas-Karzinomen unter GLP-1-Analoga bleiben ein Anlass zur Sorge.

Eine Indikation für diese Substanzklasse besteht insgesamt sehr selten.

Die von den Autoren vermuteten Vorteile der intensivierten Insulintherapie bei Patienten mit Typ-2-Diabetes sind nicht nachvollziehbar. Ein randomisierter Vergleich der verschiedenen Formen der Insulintherapie, zeigt keine relevanten Unterschiede; die Lebensqualität ist unter intensivierter Therapie eher vermindert.