Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert auf seiner Homepage (www.bfarm.de) über Anwendungsbeschränkungen und Warnhinweise zu Moxifloxacin (Actimax®, Actira®, Avalox®) und Norfloxacin (1;2), die aufgrund einer aktuellen Bewertung durch die europäische Arzneimittelbehörde (EMEA) empfohlen wurden.
Moxifloxacin
Im Februar dieses Jahres wurde bereits in einem Rote-Hand-Brief auf Leberschäden und schwere Hautreaktionen im Zusammenhang mit Moxifloxacin hingewiesen (3). Zusätzlich wird nun die Indikation für Moxifloxacin bei bakteriellen Atemwegsinfektionen eingeschränkt (4). Es soll bei der oralen Behandlung (a) der akuten bakteriellen Sinusitis, (b) der bakteriell verursachten akuten Exazerbation einer chronischen Bronchitis und (c) der ambulant erworbenen Pneumonie nur noch angewendet werden, wenn die für die Initialtherapie empfohlenen Antibiotika nicht geeignet sind oder nicht zum Therapieerfolg geführt haben.
Moxifloxacin wurde in diesen Indikationen in Deutschland nicht als Antibiotikum der ersten Wahl empfohlen. Allerdings geben die hohen Verordnungszahlen Hinweise auf einen zu breiten Einsatz dieses Fluorochinolons. Durch die aktuell empfohlenen Anwendungsbeschränkungen ist die Verordnung von Moxifloxacin zur Primärtherapie in diesen Indikationen nun als Off-label-use anzusehen. Die bestehenden deutschen Therapieempfehlungen decken sich mit den Empfehlungen der EMEA und können daher als Orientierungsrahmen dienen.
a) Bei der akuten Sinusitis ist entsprechend den Leitlinien der Fachgesellschaft auch bei eindeutig bakterieller Genese nur in bestimmten Fällen eine Therapie mit Antibiotika indiziert. Hierzu zählen Patienten mit starken Beschwerden, Fieber > 38,5°C, einer Verstärkung der Beschwerden im Laufe der Erkrankung oder drohenden Komplikationen sowie Patienten mit chronisch entzündlicher Lungenerkrankung, Immunsupprimierung, schweren Grundleiden oder besonderen Risikofaktoren. Mittel der Wahl ist Amoxicillin. Moxifloxacin wird nur bei schweren Formen der Sinusitis als Alternative zu Aminopenicillin plus beta-Lactamase-Inhibitor bzw. Cephalosporin empfohlen (5).
b) In den deutschen Leitlinien zu ambulant erworbenen tiefen Atemwegsinfektionen und Pneumonien wird bei der akut exazerbierten chronischen Bronchitis (AECB) Amoxicillin empfohlen, wenn die Lungenfunktion leicht bis mittelgradig eingeschränkt ist (FEV1 zwischen 50 % und 80 % vom Sollwert) (6). Bei schwerer Einschränkung (FEV1 < 50 % vom Sollwert) ohne Risikofaktoren für eine Infektion durch Pseudomonas aeruguinosa sind Aminopenicillin plus beta-Lactamase-Inhibitor oder Cephalosporine der dritten Generation (Ceftriaxon, Cefotaxim) die Antibiotika der Wahl. Moxifloxacin wird hier neben Levofloxacin als zweite Wahl empfohlen.
c) Bei der ambulant erworbenen Pneumonie (CAP, community-acquired pneumonia) ohne Risikofaktoren ist Amoxicillin Mittel der Wahl. Als Alternative steht ein neueres Makrolid zur Verfügung. Moxifloxacin oder Levofloxacin kommen als Alternative zu Aminopenicillin plus beta-Lactamase-Inhibitor nur dann in Frage, wenn Patienten mit CAP besondere Risikofaktoren aufweisen (Krankenhausvorbehandlung, Antibiotikavortherapie, chronische internistische oder neurologische Begleiterkrankungen und/oder höheres Alter).
Norfloxacin
Nach Bewertung der Studiendaten zur Verwendung Norfloxacin-haltiger Arzneimittel zur Behandlung der komplizierten akuten oder chronischen Nierenbeckenentzündung stellt die EMEA fest, dass die Wirksamkeit der oralen Behandlung mit Norfloxacin in diesen Indikationen nicht belegt ist und daher als nicht medizinisch begründet angesehen wird. Oral anzuwendende Norfloxacin-haltige Arzneimittel sollten nicht länger zur Behandlung einer komplizierten Nierenbeckenentzündung verordnet werden. Die Anwendung von Norfloxacin in anderen Indikationen ist von dieser Empfehlung nicht betroffen (5;6). Empfehlungen zur antimikrobiellen Therapie von Harnwegsinfektionen finden sich zum Beispiel bei der Paul-Ehrlich-Gesellschaft (7).
© Bundesärztekammer, Bereich Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Letzte Änderung: 28.08.2012