Vareniclin (Champix®) ist seit 2006 zur Raucherentwöhnung bei Erwachsenen zugelassen. Da es vom Gemeinsamen Bundesausschuss als Lifestyle-Medikament eingestuft wurde, kann es nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Vareniclin ist ein partieller Agonist des nikotinergen alpha4beta2-Acetylcholin-Rezeptors im zentralen Nervensystem. Die Wirksamkeit beruht auf einer Linderung des Rauchverlangens und der Entzugssymptome. Zusätzlich sollen die antagonistischen Eigenschaften dazu führen, dass durch Zigaretten zugeführtes Nikotin am Rezeptor keine Wirkung entfalten kann und so der Belohnungs- und Verstärkungseffekt beim Rauchen reduziert wird.
Nach der Zulassung haben Berichte über neuropsychiatrische Symptome wie Depressionen und Suizidgedanken bei Einnahme von Champix® zu Warnhinweisen z. B. der FDA und der EMEA geführt und wurden auch in die deutsche Fachinformation aufgenommen (1-3).
Aktuell hat die britische Arzneimittelbehörde (MHRA) insgesamt 129 Berichte von Suizidgedanken und suizidalem Verhalten ausgewertet. In Großbritannien haben bislang etwa 366.000 Patienten Vareniclin eingenommen. Die MHRA stellt fest, dass auch bei Patienten ohne psychiatrische Vorerkrankungen und bei Patienten, die trotz Vareniclin weiter geraucht haben, suizidales Verhalten gemeldet wurde (4). Zu vergleichbaren Ergebnissen kommen auch die kanadische und die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (5;6).
In den USA, wo nach Schätzungen bislang etwa 3,5 Mio. Personen Vareniclin eingenommen haben, hat das Institute for Safe Medication Practices Verdachtsberichte über unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Vareniclin in der FDA-Datenbank analysiert (7). Auffällig sind neben den neuropsychiatrischen Wirkungen insbesondere Meldungen über Verkehrsunfälle und Stürze auf Grund von Bewusstlosigkeit, Verwirrtheit oder Schwindelanfällen. Darüber hinaus existieren Berichte über Sehstörungen, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Hautreaktionen und Diabetes mellitus. Die US-amerikanische Luftfahrtbehörde (Federal Aviation Administration, FAA) nahm den Bericht des ISMP zum Anlass, Piloten und Fluglotsen die Einnahme von Vareniclin zu untersagen (8).
In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: 14.07.2008) sind derzeit 119 Verdachtsberichte unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) von Champix® erfasst. In vielen Berichten werden auch neurologische (52) und psychiatrische (50) Symptome genannt. Die am häufigsten genannten Symptome sind Übelkeit (17), Depression (13), depressive Verstimmung (7), Suizidgedanken (13) und Schwindelgefühl (9). Sechsmal werden Suizidversuche gemeldet.
Patienten sollten über mögliche neuropsychiatrische Nebenwirkungen von Champix® aufgeklärt werden. Bei Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten oder depressiven Verstimmungen muss Vareniclin abgesetzt werden. Die Verordnung bei Patienten mit psychiatrischen Vorerkrankungen sollte nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Alle unerwünschten Wirkungen im Zusammenhang mit der Einnahme von Champix® sollten der AkdÄ gemeldet werden. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder direkt per E-Mail über die AkdÄ-Internetpräsenz (www.akdae.de) melden.
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© Bundesärztekammer, Bereich Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Letzte Änderung: 06.08.2012