Sehstörungen nach Röntgenkontrastmitteln (Aus der UAW-Datenbank)

Zu den Aufgaben der AkdÄ gehören die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig über aktuelle Themen aus der Arbeit ihres UAW-Ausschusses informieren und hofft, Ihnen damit wertvolle Hinweise für den Praxisalltag geben zu können.

Jodhaltige Röntgenkontrastmittel sind zentraler Bestandteil der diagnostischen Medizin. Bevorzugt werden heute nicht-ionische Kontrastmittel, wie Iohexol (z. B. Accupaque®), Iopamidol (z. B. Solutrast®) oder Iopromid (z. B. Ultravist®), eingesetzt. Zu den bekannten neurologischen Komplikationen im Zusammenhang mit ihrer Anwendung gehören Sehstörungen, auf die in den Fachinformationen hingewiesen wird (z. B. 1, 2). Auch über das Auftreten einer intermittierenden Amaurose wurde wiederholt berichtet (3-6). Da solche Ereignisse für Patient und Arzt gleichermaßen spektakulär sind, meist aber eine gute Prognose haben, sollen zwei an die AkdÄ gemeldete Fälle geschildert werden.

Eine 73-jährige Patientin (161 cm/58 kg) erhielt für eine spinale Angiographie 170 ml Iohexol (Accupaque® 240) intravenös. Innerhalb von 36 Stunden kam es zu einer kompletten beidseitigen Erblindung, die sich zuerst durch Störungen des Farbsehens, dann des Helldunkelsehens ankündigte. Die Rückbildung erfolgte in umgekehrter Reihenfolge. Als Behandlung erhielt die Patientin eine intravenöse Elektrolytlösung. Im Anschluss wurde ein passageres Psychosyndrom mit örtlicher und situativer Desorientierung über eine Dauer von vier Tagen beobachtet. Danach kam es zu einer restitutio ad integrum (AkdÄ-Nr. 136.747).

In einem zweiten Fall erhielt ein 29-jähriger Patient (175 cm/67 kg) im Rahmen einer Angiographie Iopromid (Ultravist® 300) intraarteriell. Es kam zu einem zwei Stunden anhaltenden totalen Visusverlust beider Augen. Danach bestanden noch für mehrere Stunden Sehstörungen, die erst 20 Stunden nach der Kontrastmittelapplikation vollständig abgeklungen waren (AkdÄ-Nr. 119.544).

Im deutschen UAW-Spontanerfassungssystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ; Datenstand: 28.07.2004) finden sich für Iohexol 393 Meldungen, von denen sich 3,8 Prozent auf "Sehstörungen" beziehen. Bei insgesamt drei Patienten wurde ein Visusverlust berichtet.

Zu Iopromid liegen 1964 Meldungen vor, von denen 2,8 Prozent Sehstörungen betreffen. Darunter befinden sich sieben Berichte über einen (vorübergehenden) Sehverlust. Für jodhaltige Kontrastmittel allgemein sind in der Datenbank 3997 UAW-Meldungen registriert. 3,4 Prozent beziehen sich auf Sehstörungen, wobei in 19 Fällen eine Amaurose angegeben wurde. Obwohl nur in sechs Meldungen über eine "vorübergehende Blindheit" berichtet wurde, war die Schädigung vermutlich in den meisten Fällen reversibel.

Die Ursache der Symptomatik wird auf eine Überwindung der Blut-Liquor-Barriere durch das Kontrastmittel mit nachfolgender vorübergehender kortikaler Erblindung zurückgeführt (7, 8). Insgesamt scheint es sich um eine seltene Nebenwirkung der Kontrastmittel zu handeln, über die der Arzt aber aufgrund ihrer Dramatik informiert sein sollte.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur
1. Fachinformation zu AccupaqueTM 240/300/350 (Stand: September 2002).


2. Gebrauchsinformation und Fachinformation zu Solutrast® (Stand: September 2003).


3. Horwitz NH, Wener L: Temporary cortical blindness following angiography. J Neurosurg 1974; 40: 583-586.


4. Studdard WE, Davis DO, Young SW: Cortical blindness after cerebral angiography. Case report. J Neurosurg 1981; 54: 240-224.


5. Junck L, Marshall WH: Neurotoxicity of radiological contrast agents. Ann Neurol 1983;13: 469-484.


6. Lantos, G: Cortical blindness due to osmotic disruption of the blood-brain barrier by angiographic contrast material: CT and MRI studies. Neurology, 1989; 39: 567-571.


7. Mentzel, HJ, Blume J, Malich A et al.: Cortical blindness after contrast-enhanced CT: complication in a patient with diabetes insipidus. Am J Neuroradiol 2003; 24: 1114-1116.


8. Saigal G, Bhatia R, Bhatia S et al.: MR findings of cortical blindness following cerebral angiography: Is this entity related to posterior reversible leukoencephalopathy? Am J Neuroradiol 2004; 25: 252-256.).